Newspaper Articles: [German]

Schwaebische Zeitung, published July 2000, Isny

 

                

 

Personal Poems: [German]

 

Vorfreude

 

In nur knappen vierhundert Stund',

und wir machen auf den Mund:

Schwäbisch, Bayrisch, Hessisch, Platt

- wo ischs Hotel? Wie wirr i satt?

Wird man uns so nicht ganz verstehen.

Mach mir Sorgen, wird schon gehen.

 

Nicht so einfach wird es werden,

werde wohl noch mehrfach sterben,

wenn ein nasses Tiäitsch mir entrinnt,

der Satz mit wenig Sinn beginnt,

ich mit meiner Creditcard hantiere,

langsam Geld und Nerv verliere.

 

Wozu die Sorgen? Warum sich plagen?

Kann ja meine Kollegen fragen.

Auch der Charme wird Bände sprechen.

Händ und Füß werd ich mir brechen,

um ein Bierchen zu bestellen

und mich dann zu Euch gesellen.

 

Doch nun zum eigentlichen Sinn,

wisst ihr denn wie froh ich bin?

California Dreami'n steht jetzt an,

und bald sind wir da hautnah dran.

Was mir jetzt wirklich macht zu schaffen,

ob wir's an der Uni raffen?

 

Noch seh ich nur - und das ist wahr -

ein Auto, die Weite, nen Strand und ne Bar.

Wo ist der Ernst? Nur Lug und Trug?

Ist das denn garkein Klassenausflug?

Wie dem auch sei, der Ernst wird kommen.

Doch uns ist noch kein Spaß entronnen.

 

Nun packet die Koffer und wisset getrost:

nicht mehr lang und es geht los!

 

 

                         Stefanie Benk

 

 

 

IMA in USA 2000

Heim und Herd sind nun gemietet,

doch niemand uns hier Luxus bietet.

Uns're D-Mark, hart verdient...

mit diesem Kurs sind wir bedient.

Nach langer Suche, recht beschwerlich,

nach Autohaendlern gut und ehrlich,

hat jetzt jeder was zum Fahren,

doch ueberall lauern Gefahren.

Dips und Bumps sind unser Leid;

im Nacken stets die Unsicherheit.

"Looks good, runs great" ham' sie versprochen.

Sie haetten noch nie ihr Wort gebrochen.

Auf Postkarten wir immer schreiben,

"Wir wollen hier noch laenger bleiben.

Fernab, weit weg von studentischen Qualen,

wir uns in kalifornischer Sonne aalen."

Nein, nein, so waer's dann doch uebertrieben,

mancheiner waer' lieber sorglos in Fulda geblieben.

Wir muessen uns mit Projekten rumschlagen,

Homework, Quizes, dauernd was sagen,

ist manchmal ganz schoen ungemuetlich,

in Fulda so ja meist nicht ueblich.

Das Englisch uns nicht mehr so plagt,

ab und an wird noch ein Wort gejagd:

Better-Knower, Guest-Giver - let me see...

wie war das gleich mit dem 'to be'?

Im praetzisierten, partizipierten Perfect?

Verneint, passiv und sauber versteckt

in indirekter Rede der Vergangenheit.

Lektion 1: Amis sind nicht so gescheit.

Keep it short and stupid - da ist was dran.

so versteht's auch der mexikanische Freund nebenan.

Ein kleines Problem war "How are you?"

"Ja, mir geht's gut - und wer bisch Du?"

War der verwirrt oder besoffen?

Hab ich den schonmal getroffen?

Durch die Tuer - schon auf und davon.

Dir geht's schlecht; was macht das schon?

Im Grunde will's doch keiner wissen.

Deine Antwort wird niemand vermissen.

Freundlich-herzliches Volk - nur auf den ersten Blick.

Schau zweimal hin und es macht "klick".

California Dreamboys auch nur Lug und Trug

- dafuer Asiaten. Und davon genug.

Trotzallem wir recht gluecklich sind. 

Cal State gewaehlt und das halbblind.

Dies halbe Jahr wird keiner hier

so schnell vergessen - nur schlechtes Bier.

Geld und Heimweh, and're Sorgen,

garnichts bleibt hier lang verborgen.

IMA in USA eng verbunden,

verbringen wir hier schoene Stunden.

Keiner sich hier allein durchwindet:

"AUF DAS BAND DAS UNS VERBINDET"

 

                by S. von Eichendorff

 

 

 

Reportage: [German]

Bewerbungsreportage fuer die Deutsche Journalistenschule, January 1999, Munich

Thema: Die Deutsche Einheit im achten Jahr

 

Freitag um drei ist der Osten wessifrei“

Impressionen eines Neu-Magdeburgers

 

Magdeburg, im Dezember 1997. Marcell H. hat zu kämpfen. Heftig bläst ihm auf dem Weg ins Stadtcafe der Wind ins Gesicht. Mit gesenktem Kopf, die Hände in den Hosentaschen blickt er über den Brillenrand in ein neues Schaufenster. Kopfschüttelnd bleibt er stehen: „Schon wieder so ein Billigladen“. Marcell H. ist beim Einkaufen andere Qualität gewohnt, westliche Qualität. Seine Brille beispielsweise habe er sich im Westen anfertigen lassen müssen, mit unterteilten Gläsern für Kurz- und Weitsicht. „Hier war niemand aufzutreiben, der mir das hätte machen können.“       

Seit vier Jahren lebt der 47jährige Medizinprofessor in Magdeburg. Er hat in Ostdeutschland seine Chance erkannt. „Hier entsteht die Zukunft von morgen“, sagt er und öffnet die Glastür zum Cafe. Bis 1993 war der Vater zweier Söhne am Klinikum Großhadern als Internist tätig und wohnte mit seiner Familie im Herzen Münchens. Er sah im Rahmen seiner Tätigkeit keine Aufstiegsmöglichkeiten. „Man machte die Arbeit, so gut man konnte. Aber selbst etwas aufbauen,- das war fast unmöglich“, erzählt H.. Die medizinische Fakultät der Universität Magdeburg hatte eine Professorenstelle zu besetzen, und H. bewarb sich mit Erfolg.    

Unter seiner Führung hat sich das Institut für Transfusionsmedizin der Otto-von­Guerike Universität zu einer wissenschaflichen Einrichtung mit Westniveau entwickelt. „Die neuen Verwaltungsmethoden tragen erste Früchte“, freut sich H.. Er arbeitete an der Wissenserweiterung seiner Kollegen und knüpfte internationale Beziehungen. Innerhalb von zwei Jahren baute er in Magdeburg eine Knochenmarkspenderdatei auf, die heute zu den sechs größten der Welt zählt. Sein Arbeitseifer brachte ihn bundesweit in alle Medien und bescherte ihm den „Fair-Preis“ der Olympischen Gesellschaft: Der Münchner wurde „Magdeburger des Jahres 1997“.     

Wurde auch der Wessi zum Ossi? „Wenn du hier schwer zu tragen hast, halten dir die Ostdeutschen nicht höflich die Tür auf, sie packen mit an“, umschreibt H. eine gesellschaftliche Tugend, die in Ostdeutschland noch gang und gäbe sei. Solidarität. 

Vorbei sind die Zeiten, in denen der Professor gegen Mißtrauen kämpfen mußte. Besonders am Beginn seiner Tätigkeit im Institut hatte er es mit massiven Vorurteilen zu tun. „Die erste Wessi-Welle war vorbei. Die Abzocker aus der Versicherungs- und lmmobilienbranche und weitere suspekte Vertreter, die den Leuten Turbostaubsauger und Bausparverträge andrehten, waren über alle Berge. Und dann kam ich und lächelte. Und sie dachten, das ist ja ein ganz Hinterhältiger, der ist auch noch nett“, erinnert er sich.     

Seitdem hat er hier unermüdlich Aufklärungsarbeit geleistet, die Menschen dazu ermuntert, sich zu wehren, wenn ihnen etwas nicht paßt, sie auf Mißstände aufmerksam gemacht und praktische Alltagshilfe geleistet. „Von einem Lohnsteuerjahresausgleich hatten die hier noch nie was gehört. Mietrecht war ein Fremdwort.“ Im Osten sei der Blick auf den eigenen Vorteil nicht so geschärft. „Woher sollte so eine Einstellung auch kommen? Eigeninitiative war nicht nötig. Der Staat hat den Leuten hier fast alles abgenommen.   

H. hat die anfängliche Durststrecke in der neuen Heimat alsbald hinter sich gelassen. Seine Familie folgte ihm nach einem Jahr, in dem er in mühsamer Pionierarbeit die Lage sondierte. Die H.s sind damit eher die Ausnahme: Nur ein Drittel der westdeutschen Akademiker läßt sich vollständig im neuen Wirkungskreis nieder. Für die meisten bleibt der Osten ein ungeliebter Standort, und sie fahren übers Wochenende nach Hause. „Freitag um drei ist der Osten wessifrei“, zitiert der Neu-Ossi ein ortsübliches Sprichwort.    

Doch es sei nicht die Mentalität der Menschen, die Zugezogene daran hindert, sich seßhaft zu machen, versichert er. Was ihn selbst betrifft, so stören ihn Außerlichkeiten wie zum Beispiel die Einkaufsmöglichkeiten, die sich aufs Otto-Normal-Verbraucher-Sortiment beschränken. „Bekannte Marken haben die hier nicht. Was wir nur ungern kaufen, ist für die Magdeburger höchstes, unerschwingliches Niveau, gemessen am Weststandard lächerlich“, erklärt H.. Er trägt einen dunkelblauen Designer-Pullover.    

Wer wie H. über westliche Kaufkraft verfügt, der verspürt das West-Ost-Gefälle auch im kulturellen Leben. Vergangene Woche wurde der Eintritt für die Oper von 19 auf 25 Mark erhöht, und die Leute in der 300.000-Einwohner-Stadt fragen kopfschüttelnd: „Wozu eine Oper, wenn sie sich keiner leisten kann?“ Dadurch fühlt sich Marcell H. kulturell isoliert: „Hier kann ich doch keinem erzählen, daß 80 Mark teuere Karten, die ich für ein Berliner Konzert ergattern konnte, mir günstig erscheinen“, sagt er achselzuckend. Dabei mußte er mit seiner Entscheidung, im Osten diese Stelle anzunehmen, empfindliche Gehaltseinbußen hinnehmen. „Während meine westlichen Kollegen eine halbe Million im Jahr verdienen, muß ich mich mit einem Fünftel davon zufrieden geben.“    

Doch diesen Unterschied nimmt er, wie viele andere Unterschiede auch, gelassen zur Kenntnis und genießt die Vorteile, die ihm aus dem Ortswechsel erwuchsen. Er liebt sein Haus am Rande eines Naturschutzgebietes, auf einem Grundstück, das 40 Jahre lang vollständig unberührt blieb. Das ehemalige russische Militärgelände bietet viel Platz und den Söhnen Johannes und Kassian Gelegenheit, sich mit ihren Freunden auszutoben. Die Kinder haben sich problemloser eingelebt als die Erwachsenen, trotz der Unterschiede. Amüsiert erzählt H., wie sich die Verhältnisse manchmal umkehren und die Ueberlegenheitsgefühle plötzlich auf östlicher Seite sind. Sein Sohn zum Beispiel habe sich neulich von einem Mitschüler anhören müssen: „Gib‘s doch zu, du Wessi, im Grunde wärst du doch auch lieber ein Ossi!“ H. lächelt, als er das erzählt, rührt in seinem Kaffee und blickt aus dem Fenster auf die fast menschenleere Magdeburger Einkaufsmeile: „Schon paradox, daß sich jede Seite für die bessere Hälfte hält.“

 

 

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