Ein Gefühl im Bauch
Herbert Grönemeyer unterhielt das Publikum in der ausverkauften Wiener Stadthalle mit Hüftschwüngen, alten Hits und neuen Heimat-Liedern.

 

"Bleibt alles anders" heißt Grönemeyers neueste Platte. Vor gut einem Jahr wollte der deutsche Sänger sie dem Publikum vorstellen, doch dann kam alles anders: Wegen Todesfällen in der Familie wurde die Tournee verschoben, das Konzert in der Stadthalle erst am Freitag nachgeholt. Die Besucher hatten die zwölf Monate allerdings nicht dazu genutzt, um sich mit neuen Liedern anzufreunden. So stieg die Begeisterung zunächst proportional zum Alter der Songs, erst in der zweiten Hälfte des dreistündigen Konzerts tat es der Stimmung keinen Abbruch mehr, daß Grönemeyer auch neue Melodien vortrug.
Dabei bemühte er sich von Anfang an redlich: Er hüpfte unentwegt über die Bühne, zeigte Hüftschwünge und was er wohl in einer Stunde Ausdruckstanz gelernt hatte. Doch viele Töne der neuen Lieder klangen schräger als auf der Platte, die Gitarre quietschte und Grönemeyer quakte, oder war es umgekehrt? Stellenweise klang das Zusammenspiel der Band nur noch wie ein Klumpen Lärm.
Ansonsten blieb alles ähnlich: Das Publikum leitete aus der Aufforderung "Kinder an die Macht" - auch wenn der Hit in Wien nicht gespielt wurde - ab, daß Kindisch-Sein ein Wert an sich sei und warf begeistert Gummibärchen auf die Bühne. Bei "Flugzeuge im Bauch" gingen Feuerzeuge, Sternspritzer und rote Demo-Leuchtblinker an, und bei "Ich hab dich lieb" sang ein rund 12.000 Stimmen starker Chor jede Zeile beflissen mit. So gesehen - und wenn es stimmt, daß Heimat, wie Grönemeyer es singt, "kein Ort, sondern ein Gefühl" sei - war für viele am Freitag abend die Stadthalle ein Zuhause.