Grönemeyer führt Klassik-Pop-Experiment bei der Expo zum Triumph

Hannover (dpa) - Die Expo in Hannover kommt nur mühsam in Tritt, doch für Herbert Grönemeyer war sie bereits Bühne eines Triumphzugs. Mit Streichern, Pauken und Trompeten eines 80-köpfigen Orchesters zeigte der deutsche Superstar, wie der häufig peinliche «Crossover» von Pop und Klassik-Elementen funktionieren kann. In der Preussag-Arena auf dem Weltausstellungsgelände riss der 43-Jährige am Dienstagabend rund 9.000 Fans von den Sitzen und ließ vergleichbare Projekte anderer Musiker auch künstlerisch hinter sich.

«Es ist für mich das erste Mal, dass ich vor einem bestuhlten Publikum spiele - aber das hat auch was», rechtfertigte «Herbie» zu Konzertbeginn seinen überraschenden Ausflug in Richtung Hochkultur. Das «NDR Hannover Pops Orchestra» - die Radiophilharmonie des Senders - hatte zuvor mit einem gefühlvollen Medley aus Grönemeyer-Melodien schon angedeutet, dass es mehr als nur Staffage sein wollte.

Und so ging es auch weiter: Grönemeyer als souveräner Frontmann und Publikumseinpeitscher, seine Band solide rockend in der zweiten Reihe, dahinter das Riesenaufgebot von - angemessen leger gekleideten - Orchestermusikern mit feinen Akzenten. «Da hat man was im Rücken, das macht sicher», freute sich der gut gelaunte Sänger schon nach wenigen gemeinsamen Titeln über die ungewohnte Begleitung und ließ Dirigent Nick Ingman von den Fans feiern.

Den meisten Beifall verdiente sich Grönemeyer mit seiner Songauswahl: Das hymnische «Bochum», ein ruppiges «Männer», «Luxus» im Bigband-Sound - Hits am laufenden Band, mit Orchesterschmelz veredelt. Bei den Balladen war die Klassik-Pop-Fusion auf dem Höhepunkt: «Halt mich» berührte mit viel Klavier und sensiblen Orchesterparts, und nach dem sehr persönlichen «Schmetterlinge im Eis» hatte Grönemeyer sichtlich Probleme, seine eigenen Gefühle in den Griff zu bekommen. Mit einem ganz leisen Danke reagierte er auf den Jubel. Später wurde der Sänger dann wieder ausgelassener und skandierte spontan «Oh wie ist das schön...». Erst nach mehreren Zugaben und zweieinhalb Stunden Spielzeit war Schluss.

Als erster Sänger der deutschsprachigen Pop-Oberliga hat Herbert Grönemeyer mit dem NDR-Orchester die Verbindung gegensätzlicher Elemente (Crossover) gewagt - und gewonnen. Eine ähnliche Kombination hat die Expo in zwei Wochen nochmal zu bieten. Am 21. und 22. Juni tritt Deutschlands international bekannteste Rockband Scorpions zusammen mit dem «Rolls Royce» unter den Orchestern, den Berliner Philharmonikern, in Hannover auf. Nach dem Grönemeyer-Konzert liegt die Messlatte für derartige Projekte jetzt ziemlich hoch.

(Herbert Grönemeyer, Band und Orchester treten am heutigen Mittwoch nochmals gemeinsam in der Preussag-Arena auf dem Expo-Gelände auf. Eine Tournee in dieser Kombination ist bisher nicht vorgesehen.)