Vorwort # 10

10 Ausgaben und immer noch kein Ende abzusehen ...

WELCOME TO THE WONDERFUL WORLD OF REVOLUTION TIMES!

Moin, Moin liebe Leute!
10 Ausgaben und die Jahre 1995, 1996, 1997 und 1998 liegen hinter uns. Damit liegen auch unendlich viele schlaflose Nächte, Hunderte von Stunden am Kopierer, am Computer und an der Schreibmaschine hinter uns, um dieses Machwerk zu erstellen und Euch unsere Weisheiten näher zu bringen. An guten Reaktionen gab es jede Menge, die weniger guten sind nicht der Rede wert. Manche Bands, die wir in unserer Debutnummer mit einem Interview würdigten, existieren heute leider längst nicht mehr (wie Blechreiz und Kiezgesöx), andere wie Stage Bottles oder Dritte Wahl schwimmen immer noch gegen den Strom an.

Wie alles anfing ...

Aber alles fing ja so Mitte 1993 mit der erstmaligen Idee eines Fanzine an, das Musik und Politik verbinden und Working Class Roar heißen sollte. In der Folgezeit verhinderten die politische Arbeit und persönliche Gründe die Umsetzung dieser Idee. Im Januar 1995 kam es dann zu ersten Anstrengungen und die Arbeit für ein Fanzine wurde damals aufgenommen, ohne allerdings schon einen Namen für das Projekt zu haben. Damals wurden erste Interviews und Artikel geschrieben - damals noch mit Schreibmaschine. Es wurden bekannte Leute aus der Szene kontaktiert und um Hilfe gebeten. Im März 1995 gründeten Berliner Glatzen die deutsche Sektion von Red & Anarchist SkinHeads (RASH) unabhängig von den Überlegungen ums Zine. Im Mai 1995 fand RASH erstmals Erwähnung in der Was geht ab? #6. Es gab dann noch zwei Revolution Times Rundbriefe mit der Bitte um Unterstützung, was einige auch beherzigten. Unser Dank gilt an dieser Stelle den Aktivisten der ersten Stunde.
Mitte 1995 fiel dann die Namensentscheidung zwischen den Vorschlägen Working Class Roar, Redskin, Der Rote Skin und Revolution Times zugunsten von Revolution Times aus, da er Tradition und Inhalt hatte. Daß es dabei einen Vorgänger gleichen Namens gegeben hatte, der aus verständlichen Gründen nicht unbedingt sehr beliebt war (schwulenklatschende "Redskins" um den Berliner Maxim), spielte keine große Rolle. Denn der Song "Revolution Times" war auch auf der ersten Single "Sten Guns in Sunderland" von Red London enthalten und dieser war Namensgeber für unser Zine und ist eine geniale Hymne unserer Bewegung.
Die erste Ausgabe erschien Ende August 1995 noch in einer Auflage von 250 Stück, nun sind wir bereits bei etwas über 500 Exemplaren angelangt, die im Handverkauf, in Infoläden, durch Mailorder oder an Abonnenten verkauft werden.
Das erste Review erschien im Oktober 1995 im Skin Up, danach weitere im nicht allzu begeisterten SOS-Boten und im Innsbrucker Aktiv-Passiv-Zine.
Ende November 1995 erschien dann die 2. Ausgabe und es erschien im November ebenfalls das 1.Flugi mit der RASH-Gründungerklärung.
Anfang Dezember 1995 war dann die 1.Ausgabe ohne große Werbung und Reviews ausverkauft.
Im Dezember 1995 entstand das RASH-Logo und das Flugi "Skinheads - alles Mördermonster und Rassisten?". Ende Dezember 1995 erschien ein kleiner Artikel über Revolution Times und RASH in der linken Tageszeitung junge Welt bezüglich des Skinheadblocks auf der Demonstration zu Ehren von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Damals nahmen wir auch mit rund 80 Leuten an der Demonstration teil und verteilten mehrere Hundert unserer Flugblätter und verkauften die aktuelle Ausgabe unseres Heftes. Im Januar 1996 kamen dann die RASH-Flugis in Umlauf, die zum "1.Internationalen Redskinhead Tag" am 1.Mai in Mönchengladbach mobilisierten.
In der Folgezeit waren wir organisierter auf Demonstrationen anwesend und verteilten Hunderte unserer RASH-Flugblätter und unserer Revolution Times Flyer, so unter anderem auf der Demo gegen den Brand(anschlag) in der Lübecker Hafenstraße am 20.Januar 1996 oder am 9.Februar 1996 auf einer Haldensleber Demo gegen Fascho-Angriffe.
Anfang Februar 1996 ist die 2.Ausgabe erneut ohne große Werbung und Reviews ausverkauft. Unser Flugblatt "Skinheads - alles Mördermonster und Rassisten?" erscheint in der Folgezeit in den verschiedensten Publikationen des Linksextremismus, so unter anderem in der Februar-Ausgabe des Heidelberger Rundschlag und war bereits im Januar in der Zeitung Schwarze Garde der FAU abgedruckt worden.
Ende Februar 1996 erschien die 3. Ausgabe. Die erste 15.000er Auflage unserer Aufkleber mit der Hakenkreuz-zerbeißenden Bulldogge und dem faustballenden Skinhead waren auch Ende Februar fertig und wurden seitdem unter das kurzhaarige Volk gebracht.
Ein Höhepunkt des Jahres 1996 war trotz schlechter Organisation des ortsansässigen Abzockers M. R: der 1.Mai 1996 Mönchengladbach. Es gab am "1.Internationaler Redskinhead Tag" die Teilnahme an einer DGB-Demo, die wir ganz und gar übernahmen und bestimmten. Der dortige Redner des DGB wurde sogar ausgebuht, von unseren Parolen überstimmt und mit Flaschen beworfen. Die Bullen vom Staatsschutz baten uns um Besonnenheit, was zur allgemeinen Belustigung beitrug (ein Bericht fand sich in der Nummer 4). Abends gab es dann ein Konzert, u.a. mit den Schweden Pöblers United.
Beteiligungen an diversen Demonstrationen und militanten Aktionen gegen Nazis und System wie z.B. an der antifaschistischen Demonstration in Wurzen am 16.November 1996 oder an der Verhinderung des Naziaufmarsches am 1.Mai 1997, am 19.September 1998 in Rostock oder im Januar in Kiel folgten.
Der bisherige Höhepunkt war sicherlich das "1. Internationale Redskintreffen" am 1.Mai 1998 in Gießen (Demo und Konzert mit Les Partisans, Stage Bottles und Tornados), an dem einige Hundert Skins, Punks und andere Anarchisten, Antifaschisten und Sozialisten teilnahmen. Auch unsere Reise 1997 nach Frankreich sowie unsere Reise zur Fiesta in Bilbao 1998 war eine wichtige Sache, die sehr viele internationale Kontakte und Einblicke in die Arbeit von Redskins anderer Länder ermöglichte.
Die 9. Ausgabe erschien erneut wie schon die letzten Ausgaben in einer Auflage von über 500 Stück, die an Abonnenten gehen oder auf Konzerten, Demos oder bei Mailordern verkauft werden. Jede Ausgabe ging stets auch an Klaus Farin (Fidicinstr. 3, 10965 Berlin), an das Antifaschistische Pressearchiv in Berlin (Falckensteinstr. 46, 10997 Berlin) und an die Dokumentationsstelle der Bibliothek für Zeitgeschichte (Postfach 10 54 41, 70047 Stuttgart). Wer also ältere Ausgaben kopiert haben oder ansehen will, kann sich an diese Menschen bzw. Institutionen wenden.

Unsere damaligen Ansprüche ...

Als wir im August 1995 das erste Heft fertig hatten, war nicht absehbar, wie es weitergehen und welche Reaktionen es geben würde. Alles in allem waren wir überrascht über soviel Zuspruch und Unterstützung. Wir waren also in ein Vakuum gestoßen.
Unseren damaligen Anspruch ein anspruchsvolles Heft zu machen, das unser Skinheaddasein nicht nur auf den Spaß reduziert, ist uns unserer Meinung nach gelungen. Sicher, den einen waren wir stets zu "politisch", den anderen wiederum zu "unpolitisch", aber wie heißt es doch so treffend "Allen kann man es eh nie recht machen!". Und das wollten wir auch nie.
Es gab Leute, die uns schrieben und persönlich baten, wir sollten "unpolitisch" werden oder das Heft lassen. Hier sind wir aber immer noch und haben nicht vor uns oder unsere Meinung grundlegend zu ändern. Ebenso wollen wir das Heft keineswegs irgendeiner linken Organisation oder Strömung unterordnen. Das Revolution Times ist Plattform von Skins mit verschiedenen linken Standpunkten und das soll auch so bleiben. Und jeder von Euch ist auch weiterhin dazu aufgerufen das Heft mitzubestimmen, durch Artikel, Infos, Interviews, Zeichnungen, Fotos, Ideen, etc. Daß jeder Politik nach seinen Vorstellungen macht ist da kein Widerspruch.

... und Beweggründe sind auch unsere heutigen!

Das Zine hat uns immer die Möglichkeit geboten das frei heraus zu sagen, was wir sagen wollten bzw. was wir dachten und was wir nicht auf der Arbeit sagen konnten. Und unsere Erfahrungen mit der Zensur und der viel gepriesenen "Meinungsfreiheit" haben wir alle bereits gemacht, ob im Betrieb, in der Schule, in der Schul- und Lokalzeitung oder bei Zeitungen in unseren (ehemaligen) politischen Organisationen. Wir hatten genug von all den Lügen in den Medien, die uns als Nazis beschimpfen und uns als einzig wichtige Nachrichten irgendwelche Sport- oder Politgroßereignisse auftischen, und wir hatten genug von all den langweiligen, oberflächlichen Zines, in denen Skinhead auf Party und Spaß reduziert wird. Wir haben das Zine immer genutzt, um Denkanstöße zu geben und um über Dinge zu informieren, die nicht in jeder Zeitung und jedem x-beliebigen Zine standen. Und wenn es auch nicht modern sein mag, so stehen wir doch dazu: Wir sind Skinheads, wir sind klassenbewußt und wir sind politisch.

Unsere Tradition und Geschichte

Uns verband stets mehr mit Spartakus, den Wiedertäufern und Ketzern, den Opfern der Inquisistion, den Pariser Kommunarden, den Rebellen von Kronstadt, den spanischen Interbrigadisten, den italienischen und jugoslawischen Partisanen, den Männern und Frauen von Auschwitz, den Arbeitern des '68er Mai, den Black Panthern, den Soldaten der portugiesischen Nelkenrevolution, den streikenden britischen Bergarbeitern von 1986, den Zapatisten und Bands wie den Redskins oder den Angelic Upstarts als mit irgendwelchem Skrewdriver hörenden und sieg-heilenden Pöbel, der zwar auch eine Glatze und Stiefel hat, aber keine Ahnung von den Ursprüngen des Skinheadkultes hat und keinen Deut Klassenbewußtsein und wirklichen Stolz in sich trägt. Dies ist unsere Tradition und Geschichte und wir sind, wenn auch nur ein klitzekleiner Teil von ihr. Denn wir wissen und erleben es ständig: Die bisherige Geschichte ist eine Geschichte der Klassenkämpfe, so wie es schon Karl Marx und Friedrich Engels in ihrem "Kommunistischen Manifest" analysierten und zusammenzufassten.
Wenn wir Bands interviewt haben, hat uns auch immer interessiert, mit wem wir es da zu tun haben. Nur weil jemand genauso aussieht wie ich oder auf die gleiche Musik abfährt wie ich, muß er nicht mein Freund sein. Vielen reicht es ja, wenn jemand "Oi! Oi! Oi!" grölt, Bier mag und als toller Skinhead bekennt keine Hippies zu mögen. Uns hat aber stets nicht nur interessiert, was Bands für ein Line Up oder was für Veröffentlichungen sie haben, sondern auch was sie so in der Freizeit treiben, was sie über gesellschaftliche Probleme denken, ob Skinhead mehr für sie ist als eine bloße Partymode, etc. Manche Band oder Mitglieder mancher Bands sowie manchen Fanzinemacher haben wir persönlich kennengelernt, wie z.B. Les Partisans, No Respect, Remences, Short'n'Curlies, Stage Bottles, etc. oder Xai vom Shaven Republic oder Andrea vom Reds. Mit manchem entwickelten sich Freundschaften und Briefkontakte, mit anderen wurde man nicht warm oder es kam zu nicht mehr als einem Interview.
Wenn es uns auch nicht gelungen ist, rechte Tendenzen großartig zurückzudrängen, so ist es uns doch gelungen, unsere Traditionen zu beleben und Menschen mit gleichen Ideen und Ansichten vom Way of Life zusammenzubringen und einigen von ihnen eine Art geistige Heimat zu geben, die oft genug zu Freundschaften wurde oder bestehende Freundschaften noch gefestigt hat und vielen von uns einige wichtige und schöne Erlebnisse wie internationale Kontakte verstärkt und Konzerte eingebracht hat.

Die 10. Ausgabe

Und hier vor Euch liegt nun die 10. Ausgabe und die nächsten 10 Ausgaben werden Euch bis weit hinein im nächsten Jahrtausend auch beglücken. Revolution Times verbindet unserer Meinung nach gut Politik und Spaß. Und so muß es doch sein. Widerstand mit Phantasie, der auch noch Spaß macht. Redskinhead, das ist für uns politische und kulturelle Identität zugleich.
Und wir haben uns bis heute keine goldene Nase verdient. Im Gegenteil: Wer ein Fanzine macht, steckt da meist sehr viel Geld hinein. Schließlich reist und telefoniert man als Redaktion recht viel rum, schreibt und beantwortet viele Briefe und Interviews (Dank geht an dieser Stelle an alle Bands, Labels und anderen Menschen, die uns irgendwie einmal unterstützt haben! Dank geht auch an die Zines Reds, Resistance und Skinetas Revival und alle anderen, die Interviews mit uns veröffentlichten!). Leider ließen viele Bands lange auf ihre Interviews warten, während andere wie z.B. die Street Troopers in wenigen Tagen oder Wochen antworteten.
Eines ist allerdings klar: Diese Arbeit hat uns jede Menge Spaß bereitet und uns in der Auffassung bestärkt, daß wir erstens gar nicht so wenige sind und zweitens etwas ändern können, wenn wir es nur versuchen. Die Arbeit und Eure Reaktionen bzw. Unterstützung haben uns Mut und Kraft gegeben unseren steinigen Weg weiter zu gehen. Und Euch Leserschaft sei gesagt: "You' re allright!" und "Laßt euch nicht unterkriegen!". Und wer uns kennt, weiß daß man uns stets auf der lustigen Seite der Barrikade finden wird. The Fight Goes On!

Kurze Rückschau

Abschließen möchten wir diese kurze Rückschau mit einem Zitat aus dem Vorwort unserer Debutnummer: "Wir sind keine Parteiaffen, wir machen unsere eigene Politik, unterstützen die Idee von SHARP und RASH & hassen diese verlogene "Demokratie" wie all die Bonzenschweine, die wissen, daß der Kapitalismus nur für sie sozial ist.
Durch Nichtstun ändert sich nichts, ändert sich nichts an unserer Lage. Darum: FIGHT FOR YOUR RIGHT! FIGHT FOR YOUR CLASS - NOT FOR YOUR COUNTRY!" Genosse Kombinatsleiter & Nordlands Rote Garde, im Januar 1999

(aus Revolution Times # 10)

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