Stage Bottles

"Alle Arschlöcher auf den Mond!"

RT: Eure erste Single "They are watching me" hat ja voll eingeschlagen. Wie ist denn Eure Tour im März/ April gelaufen?

SB: Wir waren eigentlich ganz zufrieden. Klar, so viele Leute waren nicht auf den Konzerten, da wir ja nun mal gerade eine Single draußen hatten und die Short' n' Curlies noch niemand kannte. Deren LP kam gerade zur Tour raus. Aber es war lustig, man hat Leute getroffen und mit ihnen gesoffen.

RT: Euer bester bzw. größter Auftritt dürfte der hier in Lübeck beim Oi!Meeting gewesen sein. Stimmt' s oder hab' ich Recht? Mal ernsthaft, was war bisher Euer bester Gig?

SB: Ja, Lübeck war Klasse! Nein, natürlich nicht. Katastrophe! (Vorsicht! - Oi! The Tipper) Unser bester Gig ... na, ja Koblenz war natürlich gut für uns, aber wir hatten noch einige andere gute Auftritte, und Spaß machen sie alle, wenn unser Schlagzeuger nicht zu besoffen ist.

RT: Eure Debut-LP soll ja bald bei Knock Out Rec. rauskommen. Was werdet Ihr auf ihr besingen, Frankfurter Würstchen oder Eure Fußballgötter?

SB: Vielleicht hast Du die LP schon, aber wir singen über Trinken, Gewalt auf der Straße, Lieder gegen "Nazi-Rocker" wie Ian Stuart. Alles ist eigentlich dabei von Spaß bis Politik, woraus das Leben eines Skinheads halt nunmal besteht.

RT: Ihr seht Euch selbst als antifaschistische Skinband. Bezieht Ihr denn auf Eurer Platte Stellung oder nehmt Ihr an Aktionen oder Demos gegen Faschisten teil?

SB: Auf unserer Platte sind wie gesagt anti-faschistische Lieder und vorne drauf auch das Emblem mit der Bulldogge, die das Hakenkreuz zerbeißt. Wir denken, daß man in der heutigen Szene Stellung beziehen muß, aber anecken tut man natürlich immer. Demos? Mit gutem Grund sind wir uns dazu nicht zu schade.

RT: Laßt uns ein bißchen in Eurer Vergangenheit rumwühlen. Olaf, Du hast bei den Blaggers Saxophon gespielt. Haben die anderen auch schon Banderfahrung?

SB: Es gab eine Vorgängerband der Stage Bottles, die Barbapappas. Aber da gab es weder einen Auftritt noch eine Veröffentlichung oder sonstwas. Und das mit den Blaggers hast Du ja schon erwähnt.

RT: Zwei von Euch in der Band waren früher in einer sozialistischen Organisation. Wirkt sich das irgendwie aus? Wenn ja, wie?

SB: Ich war in einer sozialistischen Organisation. Aber wie es nun mal bei solchen Organisationen ist, sind die vollgestopft mit Scheißelaberern, die fernab jeder Realität morgen schon die Revolution sehen. Ich konnte auf Dauer die Leute nicht mehr ertragen, mit denen man nur über Politik reden kann. Außerdem war ich denen viel zu undiszipliniert, was ich wohl auch war (bin). Aber ich war der einzige. Einer von uns war in der Antifa drin, mehr aber nicht.
Da in unserer Band auch unpolitische (ja, ja) drin sind, wird jeder, der auf der LP die Texte liest, sehen., daß wir keiner politischen Richtung frönen außer der anti-faschistischen. Vielleicht hat' s bei mir in Sachen Texte einige Denkanstöße gegeben, aber ein "Rotfront" oder so wird es bei uns wohl nie geben.
Ich denke, das wäre bei dieser Musik auch unangebracht und würde auf alle Fälle in jeder Beziehung mißverstanden werden.

RT: Was haltet Ihr von Politik? Was davon, wenn Skins sich politisch äußern oder politisch aktiv sind?

SB: Solange die Politik nicht andere einengt (wie bei den Faschos) ist das in Ordnung. Warum soll man als Skinhead das Hirn ausschalten, obwohl man tagtäglich auf die eine oder andere Weise Opfer von Politik ist? Auf alle Fälle aber sollte man seine politische Meinung vom Skinheaddasein trennen. Beim Antifaschismus geht das aber nicht. Und mal ehrlich, was ist daran politisch? Es ist eher ein notwendiges Gerechtigkeitsempfinden usw.

RT: Wie ist die Szene in Frankfurt? Was geht ab? Habt Ihr Ärger mit Faschoglatzen oder ausländischen Jugendgangs?

SB: Es ist insgesamt sehr ruhig hier. Die Alt-Faschos sind ruhig, die jungen trauen sich nicht in die Stadt und auf dem Land treiben wir uns eigentlich weniger rum. Das Rhein/ Main-Gebiet ist erstaunlich ruhig, was aber nicht heißt, daß nicht auch hier still und heimlich das ein oder andere braune Süppchen gekocht wird.

RT: Was habt Ihr so für musikalische Vorbilder? Was haltet Ihr von Bands wie Redskins oder Kortatu? Sind sie Euch zu politisch oder zu wenig spaßorientiert?

SB: Ich kenne Mensi von den Upstarts recht gut und er ist mir persönlich zu politisch insofern daß er mit seiner Person in England versucht etwas Politisches zu verkörpern. Andererseits glaube ich, daß die Upstarts und Kortatu aber nie ihren Spaß vergessen haben, was man an der Musik und den Texten sieht.

RT: Auf Eurer Debut-Single habt Ihr ein Lied über Arbeitslosigkeit ("Out of work"). Wie ist die Situation in der Band?

SB: In der Band ist alles okay, aber in unserem Umfeld ist allerhand nicht in Ordnung. Da kacken die Jungs teilweise ganz schön ab und denken eben an so einen Scheiß wie Fremdenlegion oder aber kiffen sich schon nach dem Aufstehen die Rübe voll oder besaufen sich. Manchmal muß man schon aufpassen, daß man da nicht mitruntergezogen wird. Von daher beschäftigt einen das und "Out of work" ist dementsprechend kein Lied im Sinne von "Arbeitslos und Spaß dabei".

RT: Nocheinmal zur Politik. Was haltet Ihr von der Idee von RASH ein linkes Skinheadnetzwerk aufzubauen und aufzuklären?

SB: Ich weiß nicht. Man muß ja nicht die Szene wieder spalten. Die Leute sollten sich persönlich engagieren, dann treffen sie sich schon. Der Revolution kommt man so nicht näher, man schreckt so leider wieder nur viele Leute ab. Aber ich verurteile den Ugly überhaupt nicht und sowas ist bestimmt besser als Blood & Honour oder so' n Scheiß.

RT: Was bedeutet für Dich Skinhead?

SB: Tätowiert sein, Spaß haben, Faschos verarschen und dann verprügeln, Musik hören und die entsprechende Kleidung tragen und dabei, das ist das Wichtigste, tief im Innern immer diesen Stolz (ja Stolz!) in sich tragen, daß man Skinhead ist und sich auch wirklich so fühlt. Also nicht einfach nur toll fühlen, weil man so aussieht wie ein Skinhead. Da muß alles zusammenpassen. Und mit der Zeit, wenn immer mehr Leute auf der Strecke bleiben, merkt man schon, wer' s ernst meint und wer nicht!

RT: Was treibt Ihr so, wenn Ihr nicht gerade tourt oder Platten aufnehmt?

SB: Studieren, Lehre, Arbeiten, Ficken, Saufen, SACK (Aha - Oi! The Tipper), Scheiße machen, prügeln, alles eben.

RT: Olaf, jetzt fühl' Dich wie beim Weihnachtsmann. Du hast einen Wunsch frei. Was wünscht Du Dir?

SB: Alle Arschlöcher auf den Mond!

RT: Eure weiteren Pläne für die Zukunft? Was ist mit einer neuen Single? Wird Euch eine eventuelle neue Tour auch in den Norden & Osten Deutschlands bringen?

SB: Eine Single ist für Winter geplant, eine Tour nicht, da wir im Moment alle irgendwie irgendwann nicht da sind.

RT: Was ich noch fragen wollte: Woher kommt Euer Name? War das eine im Suff geborene Idee?

SB: Verlegenheit war' s! Der Erik meinte, wir sollten uns "Freibier" nennen, da kommen viele Leute, wenn' s auf dem Plakat steht. Dann dachten wir, ja, ja fünf Flaschen auf der Bühne, und da wir englische Texte haben das ganze auf Englisch. Es muß ja nicht immer ein gefährlicher oder sonstwie posiger Name sein.

RT: Wie reagiert Ihr, wenn Ihr angemacht werdet A) von Ihr würdet wie Faschos rumlaufen B) Ihr würdet mit Eurem Aussehen Flüchtlinge erschrecken?

SB: Kommt drauf an, zu welchem Zeitpunkt und Anlaß. Da kann alles passieren. Das allgemein und A) Wir fragen, ob wir die, die uns anmachen als Faschos beschimpfen, oder ob sie uns beleidigen wollen. B) Das größte Übel an dem Outfit. Um das aufzuklären würden wir uns, glaube ich, alle totlabern.

RT: Grüße, Wünsche, letzte Worte, ...

SB: Grüße an unsere Bande, die überall in Deutschland verteilt ist.

RT: Nochmals besten Dank an Olaf von den Stage Bottles für das aufschlußreiche Inti.

(Aus Revolution Times # 1/ August 1995)

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