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Die Friedensarbeit der Nansenschule
Worte statt BombenPolitiker und Medien verbreiten die Meinung, Konflikte liessen sich nur mit Bomben loesen. Das juengste Beispiel ist der sogennante "Krieg gegen den Terror". Selbst manche sonst kritisch eingestellte Menschen raeumten kleinlaut ein: "Ja, was ist die Alternative?" Dabei gibt eine simple Art von Konfliktloesung, die erstaunlicherweise nur selten angewandt wird: der Dialog. Steinar Bryn, Rektor der norwegischen Nansenschule berichtete auf einer Veranstaltung in Sola bei Stavanger von seinen Erfahrungen in der Dialogarbeit im Nahen Osten und auf dem Balkan. Die Nansenschule besteht seit 1938 und baut auf dem huminitaeren Engagement des Polarfahrers Fridtjof Nansen auf. Seit den 90er-Jahren steht Dialogarbeit als Mittel der Konfliktbewaeltigung im Zentrum ihrer Arbeit. Denn, wie Steinar Bryn bemerkt, immer wenn mehr Kommunikation notwendig ist (er brachte immer wieder das Beispiel des sich entfremdende norwegische Ehepaar ein), nehme die Kommunikation faktisch ab. Ein grosses Problem im Kosovo z.B. seien fehlende Arenen fuer gemeinsamen Dialog zwischen Serben und Kosovo-Albaner. Feindbilder lassen sich leicht aufbauen, wenn jede Gruppe in einer Welt fuer sich lebt. Angesichts der Medienberichte mag erstaunen, was Bryn erfuhr: Es besteht ein riesen Beduerfnis, miteinander zu reden. "Feindbilder entstehen zu Hause und in der Schule. Dort wird einem beigebracht, wer gut und wer boese ist. Das Bild wird schnell nuanciert, wenn man Menschen von der anderen Seite trifft." Die Schule veranstaltet Seminare, in denen sie Vertreter verschiedener miteinander in Konflikt stehenden Gruppen zusammenbringt, die offen sind fuer einen Dialog: Jugendliche, Leute in Fuehrungspositionen und andere Multiplikatoren. Die Fragestellung eines Seminars fuer Vertreter verschiedener religioeser Gruppen lautete z.B.: "Gibt es Gemeinsamkeiten in der Ethik? In welchen Gebieten sind wir einer Meinung?" Waehrend den olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer brachten sie Palaestinenser und Israelis zusammen. Fuer einige von ihnen war dies das erste Mal, dass sie mit jemanden von der anderen Seite gesprochen haben. Die Seminare erstrecken sich ueber mehrere Tage. Am ersten Tag wird gerne munter gestritten, bevor man sich am naechsten Tag Dialoguebungen widmet. Am dritten Tag werden Loesungen erarbeitet. Sehr wichtig ist der informelle Meinungsaustausch. Der wichtigste Raum in der Nansenschule, so Bryn, sei der Raucherraum. In den vergangenen Jahren beschaeftigte sich die Schule mit Friedensarbeit auf dem Balkan. "Alle auf dem Balkan rauchen. Nach einem Vortrag wird dann eifrig im Raucherraum weiter diskutiert." Unter Dialog versteht Bryn folgendes: Er muss ehrlich gefuehrt werden. Sprechen ist genauso wichtig wie zuhoeren. Das Ziel ist, den anderen zu verstehen und nicht zu veraendern. Seine Arbeit beruht auf sechs Prinzipien:
Der Nansenschulrektor vermutet, der Dialog werde so wenig genutzt, weil augenblickliche Massnahmen wie Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medizin dringlicher erscheinen. Sein Traum ist, dass bei zukuenftigen Konflikten die Nachrichtensprecher verkuenden: "Keine Sorge. Das Nansenteam ist schon unterwegs." Mehr im Netz:
Lorenz Khazaleh, 29.03.2002
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