NovaRomaGermania Roman

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Start der Geschichte

Quintus Quinctilius Varus Galili, Legatus Regionis Germaniae Superioris, lässt seinen Übersetzer in die Schreibstube kommen und erteilt ihm den Auftrag, untenstehenden Satz aus dem Lateinischen in die Muttersprache des Legaten zu übersetzen.

Oder wie ein berühmter Römer einst sagte:
Mens sana in campari soda.

Übersetzung von TiAnO

Tiberius Annaeus Otho, der Oberübersetzer und gleichzeitig Lieblingsscriba, natürlich ohne Fehler und Makel, betritt die Amtsstube, grüsst seinen Legaten freundlich und erkundigt sich nach dem Begehr. Danach übersetzt er die zwei Zeilen wie folgt:

Oder wie en berüemte Römer emol gsait het:
En gsunde Chopf in eme Campari Soda.

Natürlich kennt TiAnO auch das Originalzitat und ergänz sogleich: »Natürlich müesst das richtig so heisse: Mens sana in corpore sano.« Ebenso logisch, dass TiAnO nicht auf eine Aufforderung seines Legaten wartet, auch diesen Spruch sogleich zu übersetzen: »Das heisst denn: En gsunde Chopf in eme gsunde Chörper

Nachdem TiAnO den Dank seines Legaten mit einem ehrerbietigen Lächeln entgegen genommen hat, verlässt er dessen Schreibstube und macht sich wieder an die grösseren Arbeiten, welche sich auf seinem Schreibtisch stapeln.

QQVG bittet um Musikwunsch

Varus lehnt sich in seinem bequemen Sessel zurück. Ein leises, zufriedenes Lächeln spiegelt sich auf seinem Gesicht und er ist überzeugt, dass er mit dem jungen, ehrgeizigen Mann aus der ehrwürdigen Gens Annaea, den richtigen Mann als Praefectus Scribarum ausgesucht hat.

Gleichzeitig legen sich aber wieder ein paar Sorgenfalten auf die Stirn, als er an seine Lieblingsnichte denken muss. Caesonia, aus dem feinen Geschlecht der Quinctilianer, verschenkt ihr junges Herz an einen einfachen pannonischen Gladiatoren, dessen sprache sie weder verstehen, geschweige noch sprechen kann.

Nocheinmal schickt Varus nach seinem Praefectus Scribarum, welcher sogleich in der Amtsstube erscheint, kurz und angemessen, nicht aber unterwürfig und seines edlen Standes bewusst, eine Verbeugung andeutet und nach dem Wunsche seines Vorgesetzten bittet.

Der Legat fragt seinen jungen Freund, ob er allenfalls bereit wäre, am nächsten Sonntag, anlässlich der grossen Familienfeier - zu ehren der religiösen Volljährigkeit seiner Tochter Tamaris Quinctilia Vara - ein kleines Musikstück auf seiner wunderschönen Silberflöte zu spielen.

TiAnO und die goldene Flöte

TiAnO versucht sich krampfhaft an seine Silberflöte zu erinnern, welche er seit einigen Monaten nicht mehr aus dem Schrank in der Wand seiner Domus genommen hatte. »Wie sie wohl tönen mag, nachdem sie so lange geschwiegen hat?« fragt er sich. Dann wendet er sich wieder dem Legaten zu und fragt ihn höflich, ob es wohl seinen ehrenwerten, ritterlichen Freund allzu sehr beschämen würde, wenn er statt der lange geschonten Silberflöte, die etwas neuere und gut geölte, ausserdem seinem patrizischen Stande entsprechendere, Goldflöte mitbringen würde. Sogleich fügt er jedoch an, dass er damit keineswegs seinen Legaten übertreffen wolle und er auf dessen speziellen Wunsch alles unternehmen werde, das günstigere Modell wieder herzurichten.

Ohne die Antwort des Legaten abzuwarten, hängt der selbstbewusste Erziehungsminister, Oberschreiber und Musikbeauftragte noch die Frage nach dem gewünschten Repertoire an. Was der Herr Legat, oder besser, dessen ehrenwerte Tochter denn gerne hören würden? Er könne eigentlich sehr vieles anbieten, ausser den gängigen italischen Komponisten habe er da auch Dinge von germanischen und keltischen Mannen im Ohr.

QQVG und die Trauben

Varus reisst leicht überrascht seine linke Augsbraue hoch, wusste er doch bis anhin nichts vom Vorhandensein einer goldenen Flöte. Doch nicht ein leisester Anflug von stillem Neid bewegt den Legaten, denn was nützten ihm silberne und goldene Flöten, wenn selbst seine getreusten schon vor seinen Gesangskünsten flüchteten.

Genüsslich greift Varus in die silberne, üppig-überladene Früchteschale und nimmt sich ein Prachtsexemplar von purpurblauen Rebenfrüchten.

Auf seine einladende Handbewegung, TiAnO möge ebenfalls von den Köstlichkeiten geniessen, winkt dieser höflich ab und wartet mit einer kaum wahrnehmbaren Ungeduld auf die Antwort seines väterlichen Freundes.

»Nun - mein lieber TiAnO« meint Varus zwischen zwei Traubenbeeren »da lasse ich mich doch sehr gerne überraschen. Hat doch der ehrenwerte Herr Erziehungsminister, auch Dank seinen beruflichen Einsätzen als Lehrer, einen viel besseren Draht zum musikalischen Geschmack der heranwachsenden Jugend! Meine Familie fühlt sich sehr geehrt, deinen Tönen lauschen zu dürfen und wir freuen uns auf deine Kreativität.« Während er weiter genüsslich seine Trauben schlemmt wartet der Legat gespannt auf die Antwort seines Partners.

TiAnO und Musikangebot

TiAnO, der sich gerne auch etwas aus dem Früchteangebot genommen hätte, jedoch der unsicheren Herkunft wegen lieber darauf verzichtete, antwortete dem Legaten folgendes:

»Werter väterlicher Freund, Vorgesetzer und Liebling der Götter, Quintus Quinctilius Varus. Es liegt mir am Herzen, Dich und Deine Familie mit meinen Tönen zu entzücken. Dies ist jedoch, gerade bei Deiner Tochter, nicht sehr einfach. Wie du ja selber weisst, ist Deine Tochter mit ihren Vorlieben eher auf der ungewöhnlichen Seite. Daher kann ich nicht von der heutigen Jugend auf sie schliessen. Ausserdem ist mein Repertoire so, und ich möchte hier nicht unbescheiden sein, unermesslich, dass es mir ganz alleine sehr schwer fallen wird, die richtige Entscheidung zu treffen. Natürlich werde ich aber auch den Rat meiner Gattin einholen, wenn Du mir das erlaubst. Ich wäre aber mindestens um einen Anhaltspunkt, ob Ihr es eher den alten Gebräuchen entsprechend, oder eher unkonventiell mögt, sehr dankbar.«

Nach dieser doch eher aussergewöhnlich langen Rede verstummt der Praefectus wieder und wartet, bis sich der Legat einen verirrten Traubenkern zwischen den Zähnen hervorgepickt hat.

GaNoFe erster Auftritt

Man hört laute Schritte im Peristylum und ein Unbekannter Bürger stürzt rein und spricht ausser Atem:

»Clarissime legate, entschuldigen Sie diese unhöfliche Unterbrechung. Es ist was grausames passiert. Ich, Gaius Noviodunus Ferriculus, bin eben mit meinem schnellsten Pferd von der Colonia Iulia Equestris, vulgo Noviodunum genannt, nach Augusta Raurica gerast, um Ihnen mitzuteilen dass jegliche Kommunikationsmöglichkeiten mit der Hauptstadt sabotiert worden sind.«

GaNoFe setzt eine Pause ein, wartet gespannt auf eine Reaktion des Legaten und versucht keuchend in diesem Raum etwas frische Luft zu schnappen.

QQVG bittet GaNoFe um Lagebericht

Leicht irritiert über den ungestümen Auftritt des Eintetenden, wirft Varus die restlichen Trauben in die Schale zurück. Ein blitzschneller Gedanke durchzuckt seinen Körper. »Haben die Wachen am Haupteingang geschlafen? Wieso lassen sie diesen für sie unbekannten Mann, in hecktischer Aufregung schwirrend, einfach so in das Büro des Legaten poltern? Was wäre wohl mit meinem Praefectus und mir passiert, wenn an der Stelle unseres wohlbekannten Freundes GaNoFe, eine uns nicht wohlgesinnte Person das Legatenbüro gestürmt hätte?«

Mit Seitenblick auf TiAnO kann der Legat die selbe Frage auf der hohen Stirn seines Scriba ablesen, welcher sich aber zurückhält um eine weitere Reaktion des Vorgesetzten abzuwarten.

»Nun - mein lieber GaNoFe« beginnt Varus »das scheinen mir keine guten Nachrichten zu sein, die du uns überbringst, deshalb verzeihe ich dir auch diesen - zugegeben etwas unüblichen - Auftritt in meiner Amtsstube! Bevor wir nun unbedachte Reaktionen auslösen« votiert der legat weiter (mit einer Handbewegung weist er den Bürosklaven Tippexius an, dem unerwarteten Gast den Mantel abzunehmen, ihm einen Stuhl beizustellen und ihm etwas zu trinken zu geben, was dieser schweratmend, dankend annimmt) »sollten wir uns ein genaues Bild von der Sache machen und ich bitte dich, werter GaNoFe, mir und meinem Praefectus detailgenau zu schildern, was passiert ist.«

Varus erhebt sich von seinem Stuhl und begibt sich mit TiAnO zu der an der Wand hängenden Karte des Regierungsbezirkes, dabei gibt er seinem Mitarbeiter murmelnd den Auftrag, sich mal um die Sache mit der Eingangswache zu kümmern und verschiebt - mit leichtem Verdruss - die Musikfrage auf den späteren Nachmittag.

»Nun mein lieber GaNoFe, komm zu und an die Wandkarte und vermittle uns deinen Lagebericht.«

GaNoFe berichtet

»Clarissime Legate...« beginnt GaNoFe, stellt den Becher mit Wasser aus der Gegend von Aventicum auf den Tisch, steht auf und begeht sich zur Karte an der Wand. Der ganze Körper schmerz, vorallem ein gewisser Teil, ist ja auch logisch nach 9 Stunden im Sattel... Deshalb ist er auch nicht gerade böse, dass er wieder aufstehen darf.

»Nun, ich war gerade in Rom und habe komisches Treiben auf dem Forum beobachtet. Bürger, die das Wort ergreifen wollten, wurden von dubiosen, mit einem Messer bewaffneten Personen, aus dem Forum hinausgetrieben. Man weiss nicht genau wer dahinter steckt, es gehen aber Gerüchte um, dass die Gens Vedia beteiligt sein könnte. Einige prominente Mitglieder dieser Gens sind ja seit einigen Monaten spurlos verschwunden, darunter auch der ehemalige Consul und Senator Flavius Vedius Germanicus. Seine Frau war ja curatrix sermonis und es könnte sein, dass sie durch eine Hintertür versucht, das Forum in ihrer Macht zu behalten. Ob dies etwas mit der Lex Octavia de Sermone zu tun hat, über die zur Zeit in den Comitia Populi Tributa abgestimmt wird, ist unsicher.«

Der Legat schüttelt nachdenklich den Kopf. »Da scheint ja ein Komplott dahinter zu sein!« meint er.

»Ita,« setzt GaNoFe an, »das ist die Lage in Rom. Ich habe auch sofort den Propraetor per Brieftaube verständigt, ich weiss ja nicht, ob er von den Gerüchten schon was vernommen hat, und wenn ja, ob er sie ernst nimmt. Ich habe ihm geschrieben, ich würde sowieso nach Augusta Raurica reiten, um unsere lokale Regierung zu informieren, bin aber schneller gekommen, als ich es geplant hatte.

»Die allgemeine Lage ist nämlich schlimm: als ich gestern in der Colonia Iulia Equestris antraf, informierte mich ein Verwandter, dass ein gelbes Schiff der Posta Helvetica, auf dem Lacus Lousanna, in der Nähe von Viviscus verbrannt wurde.« GaNoFe zeigt die Stelle auf der Karte und berichtet weiter: »Das Schiff enthielt Botschaften, die nach Pennelocus - das ist hier am östlichen Ende des Sees - unterwegs waren, und von dort aus über den Summus Poeninus - hier ist dieser Pass - nach Rom hätten befördert werden sollen. Sind auch dort die Vedia dahinter? Man kann das schlimmste befürchten.

»Nun weiss ich nicht, ob meine Brieftaube von Rom überhaupt beim Propraetor angekommen ist, deshalb wollte ich keine Zeit verlieren und bin gestern, kurz vor Mitternacht mit einem neuen Pferd nach Augusta Raurica losgeritten. Ein solches nächtliches Unternehmen ist natürlich nicht risikolos, ich konnte aber durch dieses schnelle Handeln, die Wachsamkeit der Attentäter umgehen. Vielleicht hat auch die Tatsache geholfen, dass ich ein einfacher Plebeianer bin. Denn wie ihr seht bin ich heil angekommen. Wer weiss, was einem offiziellen Boten hätte passieren können...«

In diesem Augenblick stolpert GaNoFe - TiAnO kann ihn gerade noch zurückhalten, sonst wäre er umgefallen. »Entschuldigung, ich habe gar wenig geschlafen, kann ich um Gastfreundschaft bitten?«

TiAnO, der GaNoFe schon mal in Genava getroffen hat, ist natürlich hilfsbereit und lädt ihn in seine Domus ein.

Dio - unterdessen im Norden

Währenddessen, viele Meilen weiter nördlich, in den rauhen Bergen der Terra Acidia in Germania Inferior, in den spartanisch ausgestatteten Amtsräumen des Propraetor Germaniae...

Caius Flavius Diocletianus, Propraetor Germaniae, schaut in die Runde der versammelten Beamten. Gerade eben ist die Procuratrix, Lucilla Cornelia Cinna, nach langer Abwesenheit in das Büro geschneit. In glühenden Farben schildert Sie die Probleme mit ihren Hilfskräften, und von dem Unfall ihres holden Gatten mit einer provinzeigenen Kutsche des Cursus Publicus.

Dio runzelt die Stirn und wendet sich dem silbernen Becher zu, in dem ein braunes Getränk afrikanischer Abstammung langsam erkaltet. Sorgen drücken sein schütter behaartes Haupt nach unten.

Er blickt auf und schaut seinem Scriba Aemdeus in das leuchtende Gesicht. Die Nachrichten aus dem fernen Senat klingen schlecht. Renegaten haben einen Anschlag auf das Forum durchgeführt, und viele Bürger sind zu Schaden gekommen. Der Bote des Senats, in einer Ecke des Raumes stehend und auf Antwort wartend, kaut verloren an einem Stückchen Militärbrot herum.

»So hat es sich zugetragen,« berichtet Aemdeus mit der ihm typischen unbewegten Miene. Dio nickt verloren.

Dann jedoch blickt er auf und sagt zu Aemdeus: »Schreib!« Dieser zückt seine Wachstafeln und den Stylus und merkt auf:

Dio diktierend: »An meinen lieben Freund und Legaten Quintus Quinctilius Varus Galili, Augusta Raurica, Germania Inferior - Heil und Grüße ... hast Du das?? ... Lieber Freund, so wie ich Dich kenne, sitzt Du darnieder und hast Dich den süßen Trauben zugewendet, denen Du in fester und flücssiger Form immer gern zusprichst. ... Absatz ... Doch nun muss ich Dich auf den Anschlag auf das Forum zurückkommen. Wahrscheinlich hat unser lieber Mitbürger GaNoFe ... ausschreiben ... Dich bereits informiert, er kommt ja direkt aus Rom und müsste mittlerweile bei Dir eingetroffen sein. ... Absatz ... Wie dem auch sei, informiere bitte Deine Bürger, dass sie sich ab sofort auf dem neu gebauten Forum Romanum zusammenfinden mögen, das alte Forum, so berichtet mir der Bote des Senats gerade, wird demnächst geschlossen ... Absatz ... Die Consuln wollen alle Bürger noch informieren, aber Du kennst sie ja - sie haben keine Zeit und sprechen ein lausiges Latein ... Absatz ... Bitte leite alles in die Wege, wie Du es in der Vergangenheit bewährt getan hast. ... Absatz ... Dein ... Du weisst schon ... das übliche.«

Aemdeus eilt davon, stolpert über die Türschwelle, schlägt lang hin und sich einen Zahn aus, während das »Zügig!« des Propraetors hinter ihm herschallt.

Allgemeine Erheiterung erfüllt das Büro, wenn man brüllendes Gelächter so umschreiben kann. »Professionell!!« klingt es von Lucilla, der Senatsbote prustet eine Wolke halbzerkautes Brot aus und befleckt damit die frischgewaschene Tunika des Mundschenks, der seinerseits einen Hustenanfall aufgrund einer eindeutig falschen Atemtechnik erleidet.

»Und nun zu Dir, Lucilla...,« setzt Dio an, nachdem sich das Gelächter nebst Scriba Aemdeus verflüchtigt hat.

QQVG und die verbeulte Silberschale

Nachdenklich, sehr nachdenklich steht Varus vor der Landkarte. Abrupt dreht er sich um und bietet die beiden Herren TiAnO und GaNoFe für morgen, frühen Vormittag, in sein Büro (am späten Vormittag und nachmittags wird Varus abwesend sein), zu einer dringlichkeits- sitzung auf. Als GaNoFe die Legaten-Stube bereits mit schlurfenden schritten, und über die türschwelle stolpernd, verlassen hatte, erinnert Varus seinen praefectus mit Nachdruck daran, die Sache mit den Türwachen abzuklären.

Varus, nun alleine in seiner Amtsstube, schlägt - innerlich aufgebracht über das eben gehörte - mit seiner Faust auf seinen Schreibtisch. Scheppernd fällt ein Stoss Wachstafeln (mit unerledigten Pendenzen) zu Boden. Seine Bemühungen, noch schnell etwas aufzufangen gehen gründlich daneben. Mit seinem linken Fuss bleibt er am Bein von GaNoFe's Stuhl hängen, verliert das Gleichgewicht, reisst mit dem rechten Arm unglücklicherweise die Früchteschale vom Tisch. »!!!瞳洸叔靈!!!« entfährt es wütend seinem Munde, bevor sich der Legatus am Boden, umgeben von verstreuten Wachstafeln, auf und in den Trauben sitzend, wiederfindet.

»Jetzt hab ich die Nase voll« schimft Varus, rappelt sich wegen seines schmerzenden Rückens nur mühsam auf, brüllt nach seiner Putzfrau Ajaxia, sie solle endlich diese Schweinerei aufräumen, wirft sich sein Pallium über (um wenigstens notdürftig seine weinfarbige Rückseite abzudecken) und verlässt seinen arbeitsplatz richtung Hause.

Am nächsten Morgen sitzt Varus, wie gewohnt an seinem Arbeitstisch und ordnet, mit wenig Motivation, die durcheinandergewirbelten Wachstafeln. Zu seiner rechten Seite steht auf dem Tisch eine leicht verbeulte silberschale, gefüllt mit frischen Äpfeln.

QQVG wettert über die Äpfel

»Wo zum Teufel sind denn die frischen Trauben - Äpfel - schon gut, ja, aber ich will doch einfach frische Trauben, wissen das die totteligen Bediensteten noch immer nicht?« murmelt Varus vor sich hin. »Bananius, Sklave daher!« hört er sich rufen. In Windeseile öffnet sich knarrend die Bürotür und der kleingewachsene, dunkelhäutige Bananius verbeugt sich unterwürfig vor seinem Herrn. »Bananius, wo sind die Trauben, die Trauben?« »Zeihung, weltel Hell« entgegnet eingeschüchtert der Diener »ich denken mein Meistel heute nicht wollen Tlauben, wegen Unfall gesteln.« Der Legat spürt leise sein Blut in der Stirne pochen. »Du hast nicht zu denken hier, in diesen Räumen denken die Magistraten und nicht die Sklaven! klar? also bringe mir sofort meine Trauben!« Bananius zieht sich flink wie ein Wiesel zurück. In diesem moment öffnet sich die Tür und GaNoFe tritt ein.

GaNoFe - Wo ist TiAnO?

»Aha! Siehe mal wer da kommt!« begrüsst ihn fröhlich Varus, der den Zwischenfall mit Bananius schon vergessen hat. Er steht auf, läuft in seine Richtung und empfängt ihn mit einer typischen Armbewegung. »Bist du alleine gekommen? Wo steckt denn TiAnO?« fragt er in einem leichten und unbesorgten Ton. »Ich habe ja euch beide zu einer Krisensitzung aufgeboten, das geht natürlich nicht, wenn nur einer erscheint!« fügt er lachend hinzu.

GaNoFe, der den Legat noch nicht so gut kennt, versteht seine Heiterkeit nicht ganz. Leicht verlegen, denn er weiss nicht genau, wie er das Thema anschneiden kann, startet er: »Herr Legat...« und räuspert sich. »Es sieht aus, dass ich Ihnen wieder eine Hiobsbotschaft überreichen muss.«

In einem Bruchteil von einer Sekunde verändert sich der Ausdruck im Gesicht von Varus. Das Lachen verstummt subito und der halboffene Mund bleibt starr. Beide Augen sind Kugelrund und regen sich kaum. Das übliche Blinzeln bleibt aus. Varus versucht zu verstehen. »I-ist denn m-meinem Freund TiAnO i-irgendwas pa-passiert?« stottert er.

»Ja - nein...« antwortet GaNoFe und blickt schüchtern auf die Seite, denn er ist sich bewusst, dass dies keine Antwort ist.

»Was nun, ja oder nein?« donnert Varus.

»Man weiss es nicht. Tatsache ist, TiAnO ist nicht in seiner Domus und seine Frau Roscia ist auch sehr besorgt und weiss von nichts« antwortet GaNoFe. Endlich hat er die passenden Wörter gefunden. »Am besten, wir kehren zurück in seine Domus, halten der Roscia Gesellschaft und besprechen die Probleme dort«, schlägt er vor.

Das Edikt von QQVG

Innerlich sehr beunruhigt ob der eigenartigen Antwort von GaNoFe, runzelt Varus seine Stirn. TiAnO nicht zu Hause - TiAnO nicht rechtzeitig in der Sitzung - das hat es bei diesem äusserst zuverlässigen Praefectus noch nie gegeben. Wirre Gedanken wirbeln dem Magistraten durch den Kopf, während GaNoFe selbstbewusst auf einem freien Stuhl Platz nimmt und geduldig den Legaten beobachtet. Eine ausserhäusliche Frauengeschichte? - nicht bei TiAnO - nein! Ein Unfall? Schrecklich - hoffendlich nicht! Eine Meuchelei - bei allen Göttern nein! »GaNoFe, ich mache mir Sorgen um TiAnO. Das ist nicht seine Art. Gar nicht.« beginnt Varus und schaut während dem Sprechen mit eindringlich-starkem Blick in die Augen des Besuchers. Dieser hält den forschenden Augen des Legaten stand. Varus fährt fort: »Es entspricht absolut nicht den Usanzen der Verwaltung, Geschäftssitzungen ausserhalb der Amtsstuben abzuhalten. Deshalb kann und will ich Deinen Vorschlag, lieber GaNoFe, die Sitzung im Domus des Präfekten abzuhalten und dort auf dessen Rückkehr zu warten, als ausgeschlossen betrachten.« GaNoFe räuspert sich. Varus übergeht das angedeutete Wortbegehren und fährt mit klarer Stimme fort: »Zudem betrachte ich es als meine Pflicht, in der jetzigen Situation an meinem Arbeitsplatz zu bleiben. Erstens wird mich TiAnO nicht in seinem Hause suchen, sondern hier und zweitens habe ich auf Anweisung unseres hochgeachteten Senators ein wichtiges Edikt zu verfassen.« »Aber mein Herr« antwortet GaNoFe »was kann ich tun?« »Nimm Deinen Stuhl, setz Dich zum Fenster, warte ab und iss Äpfel - es hat hier wohl genügend davon!« GaNoFe ist ab dieser Antwort recht verblüfft, seine gesichtszüge entgleisen, als hätte ihn ein Pferd gestreift und kommt schliesslich der eben erhaltenen Aufforderung nach. Mit einem lauten Krachen bohrt er sein Gebiss in einen frischen Apfel und hofft im Stillen, dass dieser nicht zu seinem Schicksal werde.

Trotz der sorgengeschwängerten Luft kann sich Varus nicht ein diebisches Lächeln verkneifen.

Varus nimmt in seinem Arbeitssessel Platz, fordert seine grünäugige, stets gut gelaunte Scriba Giga Baitica auf, folgendes zu schreiben:

E domo Legati Germaniae Superioris

Edikt zum Besuch des Forums
Inkraftsetzung: sofort

Auf schriftliche Anweisung unseres Hochverehrten Herrn Senator, Propraetor und Censor, Caius Flavius Diocletianus, Erlasse ich, Quintus Quinctilius Varus Galili, Legatus Germaniae Superioris, folgendes Edikt:

Infolge Sabotage ist das bisherige Forum »NovaRoma« so stark beschädigt worden, dass es von niemandem mehr betreten werden darf. Es wurde mit sofortiger Wirkung geschlossen.

Die gesamte Bevölkerung der Regio Germaniae Superioris ist angehalten, sich nur noch in das neue Forum »Nova-Roma« zu begeben.

Beim Betreten des neuen Forums sind, aus Sicherheitsgründen, die Eintrittsformalitäten neu abzuwickeln.

Q. Quinctilius Varus Galili
Legatus Germaniae Superioris

A.D. III Kal Iunias Anno MMDCCLV A.U.C.

Das sanfte Lächeln und bescheidene Nicken seiner Scriba, bestätigt dem Diktierenden, dass alles nach seinen Angaben aufgenommen worden ist. Trotzdem lässt sich Varus den Text nochmals vorführen und kann einmal mehr mit Genugtuung feststellen, dass seine angestellte sehr präzise arbeitet. Schwungvoll siegelt er mit seinem Ring das Dokument.

Die vom Fenster her gemurmelten Worte »Hübsches Kind, diese Scriba« lässt der Legatus unbeachtet durch den Raum schweben und erteilt seiner Schreibkraft den Auftrag, dafür zu sorgen, dass das Edikt sofort allen Bürgern zur Kenntnis gebracht wird.

Für den Senator lässt Varus sofort noch eine Abschrift erstellen, siegelt sie und meint zum äpfelkauenden GaNoFe: »Nun, mein Freund, hier hab ich eine nützliche Aufgabe für Dich. Bringe diese Nachricht zum Boten von unserem verehrten Senator und weise ihn, in meinem Namen an, schläunigst mit dieser Vollzugsmeldung zu seinem Herrn zurückzukehren. Danach sehe ich Dich wieder hier im Büro.« GaNoFe erhebt sich rasch von seinem Stuhl und ist eigentlich froh, endlich vom Äpfelkauen befreit zu sein, nimmt die Wachstafel entgegen und schickt sich, nach einer angemessenen Verbeugung zum Legaten hin, an, den eben erhaltenen korrekt Auftrag auszuführen. »Man weiss ja nie, was so ein Legat für Zukunfts-Pläne hat«, sagt er tonlos zu sich selber.

Erleichtert, einmal für kurze Zeit alleine im Büro zu sein, reisst Varus alle Fenster auf, um Frischluft einzulassen. Gedankenversunken schaut er auf die belebte Strasse und sieht GaNoFe eilenden Schrittes entschwinden. Was wohl mit meinem lieben TiAnO los ist. »Solch eine unentschuldigte Absenz ist wirklich mehr als ungewöhnlich. Seltsam, seltsam.« murmelt er vor sich hin. Varus beschliesst die Amtsstube von seinem Praefectus Vicarius CALO aufzusuchen und ihn um den Verbleib über dessen Neffen zu erkundigen.

Auf dem Weg in den oberen Stock trifft Varus auf den Sklaven Bananius, welcher unterdänigst »Tlauben gut, edlel Hell?« hervorwürgt.

Varus nickt lächelnd. Dieser amüsante Akzent gefällt ihm irgendwie. Das erhoffte Treffen mit CALO findet nicht statt. Sein Büro ist leer. Auf Geschäftsreise bei Kaeso Titanicus.

Zurück in seinem Büro, lässt sich der Legat seufzend in seinen Bürosessel gleiten und greift sich eine stattliche Traubenzottel. Vielleicht hilft das etwas gegen sein nunmehr auftretendes, nervöses Magenbrennen. TiAnO - wo bist du?

Kaum gedacht, öffnet sich die Tür der Amtsstube und TiAno tritt ein.

TiAnOs hektische Nacht

Völlig ausser Atem, abgekämpft, mit dunkelen Ringen unter den Augen, sich kaum mehr auf den Beinen haltend, grüsst TiAnO seinen Legaten und wirft sich in einen Stuhl.

»Du wirst mir glauben müssen, Varus, aber ich habe die ganze Nacht und bis jetzt gearbeitet. Zuerst waren da noch wichtige Botschaften und öffentliche Aushänge zu den Wahlen und Abstimmungen, welche ich noch schreiben und an die Verteilzentrale weiterleiten musste, dann dies und das, damit meine Kohorte sich für einen Notfall, oder einen Auftrag von Deiner Seite vorbereiten konnte. Als ich dann endlich mit den Arbeiten in der Schreibstube fertig war, und mich nach Hause, zu meiner Gattin und meinem Gast begab, kam mir in den Sinn, dass die Musikfrage für den Tag des Sol noch immer nicht geklärt ist. Deshalb versuchte ich Dich noch einmal aufzusuchen, fand Dich aber leider nicht. Als ich so dann endlich nach Hause kam, durchwühlte ich meine Noten und versuchte das Eine oder Andere auf meiner Flöte zu spielen. Ich kam aber nicht weit, da mich die schlechten Nachrichten von Heute sehr beschäftigten.

»Irgendetwas hatten wir in unserer Eile vergessen, aber ich konnte nicht mehr sagen was. Plötzlich durchzuckte es mich: Es waren sogar drei Dinge! Ich hatte mir die Wachen der Amtsstube noch nicht vorgenommen, hatte noch kein Edikt über die verstärkte Bewachung des Legaten entworfen, und dann war da noch die Nachricht von Dio, welche wir in unserer Aufregung und in unserem Unmut einfach ungeöffnet auf den Tisch mit den Pendenzen abgelegt hatten.

»Ich eilte also wieder zu den Amtsstuben zurück. Dort knöpfte ich mir die Wachen vor. Leider war ich viel zu spät und die Betroffenen waren schon lange abgelöst worden, deshalb mussten zwei unbescholtene Männer meinen Zorn spüren. Als ich mit ihnen fertig war standen sie da, als ob wir im Krieg wären. Ich bin sicher, dass wenigstens diese zwei in Zukunft besser aufpassen werden. Dann ging ich in mein Büro und setzte mich hinter die Schriftrollen. Es wollte mir aber keine richtige Formulierung einfallen, also beschloss ich, zuerst die Nachricht von Dio sicherzustellen.

»In Deiner Stube angekommen, traf mich der Schlag! Was war denn hier los gewesen? Wurdest Du nach unserem Abgang überfallen und beraubt? Der ganze Raum war in Unordnung. Deine so heiss geliebte Schüssel mit den Trauben verbeult und ausgeschüttet am Boden. Die vergötterten Trauben, am Boden zerquetscht, zeigten mir deutlich die Spuren eines Kampfes und den Ort, an dem ich glaubte den Abdruck Deines Körpers gefunden zu haben. Entsetzt verliess ich das Haus, gab den Wachen den direkten Befehl, nur über ihre Leichen eine andere Person als mich in das Haus, und überhaupt niemanden heraus zu lassen und eilte in meine Domus zurück. Dort bewaffnete ich mich mit meinem Gladius, zog meinen ledernen Jagdpanzer an und nahm zur Sicherheit auch noch ein Dutzend Pfeile und den Bogen aus dem Kasten. Dann stürzte ich mich wieder aus dem Haus und nahm diesmal den Zweispänner, um schneller und sicherer zu sein.

»Als ich dort ankam, standen die Wachen tatsächlich nicht einfach umher, sondern patrouillierten, scheinbar sogar mit Verstärkung, auch die Gegend. Meine Nachricht an die Cohors X Candida hatte also bereits ihre Wirkung gezeigt. Ich begab mich ins Haus zurück, nachdem ich sichergestellt hatte, dass keiner der Soldaten irgendjemanden ausser GaNoFe und dem Boten ins Haus gelassen hatte und auch sonst niemand Unbekanntes das Haus verlassen hatte. Wer immer Dich überfallen hatte, musste also einen geheimen Zugang benützt haben. Ich durchsuchte jedes Zimmer, hörte jede Wand nach Hohlräumen ab und fand ..... nichts!! Frustriert ging ich wieder in die Amtsstube und versuchte in dem Chaos die Nachricht von Dio zu finden. Sie war verschwunden!! Der Dieb musste sie mitgenommen haben. Damit war klar, dass wer auch immer Dich überfallen hatte, einen Zusammenhang mit den Vedii haben musste, denn welchen Wert würde die Nachricht von Dio denn für jemanden Anderen haben?

»Als ich ein bischen Ordnung gemacht hatte und noch eine Nachricht an die Putzfrau Ajaxia hinterlassen hatte, begab ich mich wieder in meine Schreibstube und setzte das Edikt zur besseren Bewachung auf.«

Damit übergibt TiAnO dem Varus eine vierfache Wachstafel, welche er versiegelt hatte. Varus bemerkt erst jetzt, dass TiAnO mit dem Gladius an der Seite erschienen war und öffnet die Tafeln. Nach gründlichem Lesen, bei dem sich die Stirn des Legaten manchmal runzelte, setzte er sein Siegel darunter und legte es auf den frisch geordneten Haufen mit den Pendenzen. Überhaupt sieht das ganze Zimmer wieder einigermassen aufgeräumt aus.

Nach einem kurzen Wink des Legaten, der keine Reaktion erhielt, weckt dieser den eingenickten Praefectus und fragt nach der Fortsetzung.

»Entschuldige Vare mi, ich bin wirklich todmüde. Als ich mit den Aufräumarbeiten fertig war und in meine Schreibstube zurückkehrte, war es bereits schon wieder hell am Horizont und als ich dieses Edikt endlich fertig hatte, erkannte ich, dass ich unseren Termin völlig vergessen hatte. Ich eilte sofort hierher, um Dir, nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. Ich hoffe, Du wirst mir erlauben, sofort zu meiner Gattin zu gehen, und sie zu beruhigen, sie wird ausser sich sein vor Sorge. Ausserdem muss ich dringend wieder einmal schlafen.«

TiAnO erhebt sich, und wartet auf die Antwort von Varus.