Amphibienseminar 2003

Wird er wohl ein Prinz?


Als Praktikantin beim LBV hatte ich die Chance, beim Amphibienseminar im LBV-Zentrum „Mensch und Natur“ in Nößwartling als Betreuerin voll mit dabei zu sein. Gleich am ersten Abend machten wir uns in der Dämmerung auf in einen Auwald, wo der Biber hauste. Während wir so durch den matschigen Untergrund wateten und immer tiefer einsanken, tat sich für uns die Welt des Bibers auf: Wir konnten einen Biberdamm beobachten, der den Waldbach so aufstaute, dass sich im Wald ein kleiner See gebildet hatte, an dessen Rand eine mächtige Biberburg thronte.

Hier ist vor kurzem der Biber vorbeigekommen!
Mächtig beindruckt ging es weiter zu einem Weiher, an dem wir mit Taschenlampen dessen Nachtleben erkundeten: wir fanden Wasserskorpione, jede Menge Froschlaich und schon geschlüpfte Kaulquappen, und durften hautnah einenTeichmolch erleben. Um zu sehen, wie vermieden wird, dass jede Menge Frösche auf dem Weg zum Ablaichen auf der nahen Straße überfahren werden, sahen wir uns den am Rande aufgebauten Amphibienzaun genau an und sprachen über seinen Nutzen. Am nächsten Morgen ging es gleich nach dem Frühstück los zu einer ungewöhnlichen Amphibienrettungsaktion an einem Waldparkplatz. Dort gab es viele Gullis, die leider so große Öffnungen hatten, dass sowohl Frösche als auch Kröten auf ihrem Weg zum nahegelegenen Weiher gelegentlich hineinfielen. Sofort schwirrten alle Kinder aus wie Bienen, von Gullideckel zu Gullideckel um die gefangenen Amphibien zu retten. Nachdem wir die schweren Metalldeckel beiseite gewuchtet hatten, kamen sowohl Erdkröten als auch Grasfrösche zum Vorschein, die sonst elendig darin verendet wären. Anschließend gingen wir in den nahegelegenen Wald, um uns über das Leben in Waldtümpeln schlau zu machen. Dabei lernten wir, dass die Kaulquappen dort wegen der geringeren Sonneneinstrahlung erst viel später schlüpfen, was sich durch die vielen noch regungslosen Laichballen bestätigte, welche wer wollte mal durch seine Hände gleiten lassen durfte. Jetzt hatten wir aber immernoch die geretteten Frösche und Kröten in unserem Terrarium. Sogleich machten wir uns auf den Weg zum nahen Golfplatz, wo wir unsere Amphibien in einem Wiesentümpel aussetzten.

Einige Teilnehmer des Seminars beim Retten der Amphibien


Nun kam eine spannende Sache: Markus Schmidberger, unser Organisator, Anführer und Experte in Sachen Amphibien, kannte einen Waldbach, an dem es den seltenen Feuersalamander gab. Dort angekommen, wateten wir durch den aufgeweichten Waldboden am Bach entlang, immer auf der Suche nach dem seltenen Tier. Einige schöpften Wasser mit ihren Stiefeln, jeder zeigte vollen Einsatz, doch für den Feuersalamander war es anscheinend an diesem Tag zu trocken und warm, und er verweilte in seinem Versteck, ohne sich uns zu zeigen. Nach einem ausgiebigen Mittagessen von unseren genialen Köchinnen, die uns mit biologisch ökologischen Leckereien versorgten, machten wir uns auf den Weg, verschiedene Schutzzäune für Amphibien zu erkunden und deren Sinn zu diskutieren. Wir sahen ein Leitsystem für wandernde Frösche, welches mit einem Tunnel versehen war, der unter der Straße hindurchführte. An einer anderen Straße fanden wir eine Steinmauer, die eine unüberwindbare Barriere für die meisten Frösche und Kröten darstellte. Dadurch waren diese Tiere gezwungen, im dort angelegten Ersatzlaichgewässer ihren Laich abzulegen und nicht den gefährlichen Weg über die Straße in Kauf zu nehmen. Nun hatten wir uns schon mit Kröten, Fröschen und Salamandern beschäftigt, aber welches einheimische Amphib fehlte uns noch? Um dies herauszufinden, begaben wir uns in einen Steinbruch, wo wir die seltenen Gelbbauchunken zu sehen und fühlen bekamen. Leider mussten wir feststellen, dass fast der gesamte Steinbruch zubetoniert worden war und somit fast der gesamte Lebensraum dieser raren Lebewesen zerstört war. Wo sich früher tausende von Unken tummelten, fanden sich höchstens noch ein paar hundert. Weg von diesen traurigen Erkenntnissen, wandten wir uns freudigeren Ereignissen zu: Ein Teil der Gruppe durfte mit Anglerhose ausgestattet an der Hand von Markus Schmidberger bis zur Brust ins Wasser der Chamb waten -ein Erlebnis für sich! Die andere Hälfte ging mit Andreas Mühlbauer, einem ehrenamtlichen LBV-Mitarbeiter, mit großartigem Einsatz zu den Tümpeln der Drathinsel, um dort mit Gefäßen Wasser mit Kleinlebewesen zu schöpfen. Als wir dies anschließend mit Stereolupen betrachteten, sahen wir Mückenlarven, Schnecken, Käfer und anderes Getier von so nahe wie nie zuvor.

Was ist wohl das für ein Tier?

Abends setzten wir endlich unsere Kammmolche, die wir als Anschauungs- und Berührungsobjekt oft dabei hatten, im Teich einer Sandgrube aus, wo sich schon viele ihrer Artgenossen tummelten. Anschließend fuhren wir in zunehmender Dunkelheit zum Naturschutzgebiet Rötelseeweiher, um dort Amphibien in geschützten Lebensräumen zu erleben. Aber auch Fledermäuse schwirrten lautlos über unsere Köpfe hinweg, deren Schreie wir mit einem Batdetekor hören konnten. Der letzte Tagespunkt stand in Form eines Laubfroschkonzerts in einer Sandgrube an, das so wahnsinnig laut war, dass man es noch 1km weiter sehr gut hören konnte. Am nächsten Morgen gab es nach Frühstücken und Packen eine Rallye, bei der wir unser neu angeeignetes Wissen über Amphibien an den Mann bringen konnten.

Bei der Abschlussrallye

Um nun auch die Mikroorganismen im Wasser mit eigenem Auge entdecken zu können, betrachtete jeder einen Tropfen Tümpelwasser unter dem Mikroskop und sah verschiedenste Algenformen und Kleinstlebewesen. Zum Abschluss verfassten wir noch einen Brief an den Bürgermeister von Cham, in dem wir forderten, dass die Sandgrube mit den Kammmolchen doch bitte nicht weiter mit Abfällen zugeschüttet werden soll. Während noch alle ihre Bewertungsbögen über das Wochenende ausfüllten, kamen schon die ersten Eltern an und somit neigte sich das Amphibienseminar im LBV-Zentrum „Natur und Mensch“ in Nößwartling seinem Ende zu. Nach einer kurzen Verabschiedung reiste ein jeder, angereichert mit neuem Wissen und Erfahrungen, müde aber glücklich nach Hause.

Ines Pleier

Aktuelles