unser Kurzkommentar
1. Pressemitteilung: The Irish Times (3.März 2000)
2. Pressemitteilung: The EXAMINER (4.März 2000)
Presse/ Medien
Irland: Sorgerechtsentzug nach einer verweigerten Bluttransfusion
Vor wenigen Tagen (3. März 2000) berichtete die irische Presse (1. Pressemitteilung, siehe unten) über den dramatischen Fall eines zwei Jahre alten Kindes, das bei einem Unfall schwer verletzt worden war und dessen Eltern eine Bluttransfusion für die notwendige Notfalloperation verweigert hatten. Die Staatspolizei entzog deswegen den Eltern vorübergehend das Fürsorgerecht für das Kind, so dass die von den Ärzten für lebensnotwendig erachtete Bluttransfusion durchgeführt werden konnte. Nach Ansicht des AJWRB (Vereinigung der Zeugen Jehovas für eine Reform in der Blutfrage) ist es zu begrüßen, dass der Staat in solchen Fällen, in die Minderjährige verwickelt sind, zum Schutz minderjähriger Kinder eingreift. Wir erkennen jedoch auch an, dass es sich dabei um ein sehr sensibles Gebiet handelt, und wir wollen keinesfalls den Eindruck erwecken, dass die ZJ-Eltern lieblos gehandelt hätten oder dass sie nicht der Überzeugung waren, im besten Interesse ihres Kindes zu entscheiden. Aber es geht unseres Erachtens nicht an, das Leben eines Kindes wegen einer religiösen Doktrin aufs Spiel zu setzen, das ein Kind aufgrund seines Alters nicht begreifen kann, oder die es als Erwachsener vielleicht einmal ablehnen könnte. Die Eltern sind sicherlich in diesem Fall für die Zusammenarbeit mit den Vertretern der Staatsgewalt zu loben. Die Eltern scheinen darüber erleichtert zu sein, dass ihr Kind überlebt hat und dass ihnen die Entscheidung aus der Hand genommen worden war und sie sich so keiner Übertretung einer Wachtturm-Doktrin schuldig machen konnten. In der Vergangenheit war es nur allzu oft vorgekommen, dass Eltern ihre Kinder illegal aus dem Krankenhaus entführt hatten, um eine absehbare Bluttransfusionen zu verhindern.
Die Geschichte ist jedoch hier anscheinend noch nicht zu Ende. Während in Europa und den USA in ähnlich gelagerten Fällen der erwähnte Sorgerechtsentzug nahezu routinemäßig erfolgt und auch von der WTG gebilligt und ohne großes Aufsehen akzeptiert wird, erwägen die irischen Vertreter der Zeugen Jehovas in diesem Fall eine Klageerhebung gegen die Intervention des Staates (2. Pressemitteilung, siehe unten), obwohl die Eltern ihren eigenen Angaben entsprechend die Angelegenheit als erledigt betrachten. Bei der ganzen Angelegenheit wird man das Gefühl nicht los, dass die WTG die Aufrechterhaltung und Durchsetzung der Doktrin der Organisation eher im Sinn hat als das Wohl dieses kleinen Jungens. Wir glauben, dass die Ärzte eher in der Lage sind, unter solchen Umständen die beste verfügbare Behandlungsmethode zu bestimmen als die WT-Anwälte.
The Irish Times - IRELAND Eltern verweigern Transfusion für ihr Kind - Gardai greift ein
[Gardai = irische Polizei]
Von Chris Dooley, Waterford
Die Gardai [irische Polizeitruppe] wurde letztes Wochenende ins
Waterford-Krankenhaus gerufen, nachdem ein Elternpaar die Erlaubnis
zu einer Bluttransfusion für ihren zweijährigen Sohn aus religiösen
Gründen verweigert hatte.
Die Transfusion wurde durchgeführt, nachdem das Sorgerecht
für den Jungen aus einer Familie der Zeugen Jehovas in Clonmel,
Co Tipperary, an das South Eastern Health Board übertragen worden war.
Er ist nun wieder zurück in der Obhut seiner Familie und war letzte
Nacht dabei, sich im Cork University - Krankenhaus von den
Verletzungen zu erholen, die er erlitten hatte, als zuhause
eine Wand auf ihn fiel, nachdem ein Auto diese im Rückwärtsgang
durchstoßen hatte.
Er wurde ursprünglich ins Waterford Regional - Krankenhaus eingeliefert, wo
wegen seiner Brust- und Beinverletzungen eine Notfalloperation
durchgeführt werden sollte. Die Chirurgen waren überzeugt, eine
Transfusion sei notwendig, um sein Leben zu retten, und als
die Eltern ihre Zustimmung verweigerten, wurden die Gardai
verständigt
Ein Sergeant der Gardai informierte die Eltern darüber,
dass der Junge gemäß der Sektion 12 des Kinderfürsorge-Gesetzes
in die Obhut der Gesundheitsfürsorge (health board) gegeben werde.
Die Eltern, so hieß es, fanden sich damit ab, dass ihnen
damit die Angelegenheit aus den Händen genommen worden war.
Eine Sprecherin der Gesundheitsfürsorge sagte,
es würde zwar zu einzelnen Fällen kein Kommentar abgeben,
aber sie könne bestätigten, dass sich der Junge "gut erhole". Am
Sonntag wurde er in das Corc - Krankenhaus überführt.
Mr. Tony Murphy, der Vorsitzende des Krankenhaus-Verbindungskomitees
in Waterford sagte, es wäre, soweit ihm bekannt, das erste Mal,
dass unter solchen Umständen auf das Kinderfürsorge-Gesetz
Bezug genommen werde. Mr. Murphy war am Freitag im Krankenhaus
anwesend und sagte, dass es keine Konfrontation gegeben hätte.
Wir akzeptierten einfach, dass das Gesetz des Landes es
so bestimmt, und wir wollten uns daran halten, unabhängig
davon, ob es uns gefällt oder auch nicht, sagte er.
Jehovas Zeugen lassen keine Bluttransfusionen vornehmen, so erklärte er,
weil die Bibel sagt, das sei falsch. Im Neuen und im Alten Testament
gibt es dafür eine Reihe von Textstellen, die das unterstützen. Es hat nichts
mit den Risiken zu tun, die mit der Aufnahme von Blut verbunden sind. Wir
glauben, dass es Gott am besten weiß.
Sein Komitee hatte über mehrere Jahre hinweg Diskussionen
mit dem Waterford Regional - Krankenhaus geführt, um
sicherzustellen, dass dem Krankenhaus möglichst viele Informationen
zu blutlosen Behandlungsmethoden zur Verfügung standen ...
Wir versuchen, die Mitarbeiter dazu zu bringen, die Angelegenheit
so zu betrachten, wie wir sie sehen, sagte er.
Die Beziehung zwischen den Parteien war gut. Sie verstehen
unseren Standpunkt und wir haben Verständnis für die Herausforderungen,
vor denen sie stehen, sagte er.
Es ist unbestritten, dass Zeugen Jehovas nicht gegen die moderne Medizin
eingestellt sind, wie es manche Menschen glaubten. Es handelt sich nur um
diese eine Angelegenheit: Wir möchten kein Blut annehmen, aber solange es nicht gegen
Gottes Gesetze verstößt, möchten wir alles andere tun, um Leben zu erhalten.
Letze Nacht waren die Eltern nicht erreichbar. Ein Freund der Familie
bestätigte, dass sie sich mit der Entscheidung der Gardia abgefunden hätten
und dass die Angelegenheit damit erledigt wäre [the matter was water under
the bridge].
Das Kind verblieb für 72 h in der Obhut der Gesundheitsfürsorge.
Mr. Murphy sagte, Alternativen zu Bluttransfusionen, wie die
synthetische Substanz EPO, stünden in immer größerem Umfang
zur Verfügung. Da es in Irland jedoch nur 5.000 Zeugen Jehovas gibt,
sind annehmbare Behandlungsmethoden hier weniger weit
verbreitet.
THE EXAMINER Jehovas Zeugen erwägen Klage wegen erzwungener Bluttransfusion
von Linda McGrory
JEHOVAS Zeugen erwägen, den Staat in Vertretung der Eltern eines
Kindes, dem eine lebensrettende Bluttransfusion gegen ihren Wunsch
verabreicht wurde, zu verklagen.
Der nationale Koordinator für die religiöse Gruppe, Arthur Matthews,
sagte, sie wären über die Entscheidung beunruhigt, den Jungen zeitweilig
staatlicher Fürsorge zu unterstellen, so dass Chirurgen Verletzungen operieren
konnten, die er bei einem Unfall erlitten hatte.
Das 22 Monate alte Kind wurde durch herabfallende Trümmer im
Brustbereich und an den Beinen verletzt, als ein Auto durch die Gartenmauer
raste, wo er im Garten seines Hauses in Clonmel, Co. Tipperary gespielt hatte.
Die Gardai verfügte fünf Stunden später, als seine Eltern den
Chirurgen die Zustimmung zur Bluttransfusion, die ihrem Glauben
zuwider laufen, verweigerten, die Anwendung von Sektion 12
des Kinderfürsorge-Gesetzes. Mr.
Matthews sagte, die vom Grundgesetz garantierten Rechte der Eltern aufgrund
ihrer Funktion als gesetzlicher Vormund seien während des Vorfalls übergangen
worden, und die Angelegenheit sei nun den Anwälten der Gruppierung übergeben
worden.
Wir beraten uns mit unseren Rechtsanwälten und erwägen eine Klageerhebung
gegen die Stelle, die das veranlasst hat.
Diese Eltern hatten keine Gelegenheit, mit den Ärzten über Alternativen
zu Bluttransfusionen zu sprechen und dadurch wurden ihre verfassungsgemäßen
Rechte als gesetzlicher Vormund des Kindes verletzt, sagte er.
Die Rechtsanwälte der Zeugen Jehovas werden die Anweisung erhalten,
zu ermitteln, wie weit das Leben des Kindes bedroht war und welche Mengen
an Blut transfundiert worden sind.
Ungefähr fünf Stunden waren zwischen dem Unfall in Clonmel und der
Entscheidung der Gardais in Waterford, vorübergehend das Sorgerecht
zu entziehen, verstrichen.
Nach unseren Informationen war die Menge des transfundierten
Blutes ziemlich geringfügig, was darauf hindeutet, dass statt dessen
auch ein synthetisches Produkt hätte verwendet werden können,
sagte Mr. Matthews.
Das verletzte Kind ist inzwischen zur weiteren Beobachtung im
Cork University Krankenhaus, wohin es nach der Operation in
Waterford verlegt worden war.
Kommissar Michael McGarry von der Waterford Gardai Station
sagte letzte Nacht, dass seine Mitarbeiter die Ärzte so verstanden hätten,
dass das Leben des Kindes ohne eine Bluttransfusion gefährdet
gewesen wäre.
Wir haben uns im guten Glauben und innerhalb des gesetzlichen
Rahmens auf das Gesetz berufen und freuen uns, dass das Kind auf
dem Weg der Besserung gute Fortschritte macht.
Niemals war es unsere Absicht, jemanden zu kränken, sagte
er.
Dies ist das erste Mal, dass die Sektion 12 des Gesetzes unter
diesen Umständen angewandt wurde. Mitglieder der Zeugen Jehovas
glauben, dass die Maßnahme einen gefährlichen Präzedenzfall für
alle Familien schafft.
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letzte Aktualisierung: 7. 3. 2000
Web-Adresse: http://www.geocities.com/athens/ithaca/6236/irland.htm
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