zusammengestellt von (ehemaligen) Ältesten, Mitgliedern des Krankenhaus - Verbindungskomitees und weiteren Zeugen Jehovas |
NEUES LICHT IN DER BLUTFRAGEOffizielle deutsche Web-Site der
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Inhaltsverzeichnis
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Die Ansicht eines Arztes
Welche Risiken birgt die Ablehnung einer notwendigen Bluttransfusion?D. JOHN DOYLE, MD, Ph.D.,
djdoyle@inforamp.net (nur englisch)
Obwohl bei Bluttransfusionen das
Verhältnis von Risiko und Nutzen als Ergebnis von HIV und AIDS
vielfach neu bewertet wurde, bleiben doch Bluttransfusionen in
vielen klinischen Situationen lebensnotwendige Maßnahmen.
Patienten, die eine Bluttransfusion ablehnen, obwohl ein Arzt sie
vom medizinischen Standpunkt aus als absolut notwendig erachtet
hat, gehen das Risiko ein, an einer schweren Anämie zu sterben. Z. B.
wurde von Carson et al. (Lancet 1988; 1: 727) das Schicksal von
125 Zeugen Jehovas, die als Patienten eine Bluttransfusion verweigert
hatten, nach einer chirurgischen Behandlung untersucht. Das
Ergebnis war, dass über
60% der Patienten, deren präoperativer Hämoglobinwert (Hb) unter
6 g/100 ml gefallen war, nach der Operation verstarben.
Die folgende Tabelle zeigt die vollständigen Daten:
Wann ist eine Transfusion notwendig? Eine angemessene Antwort mag sein: Immer dann, wenn eine unterlassene Transfusion den Patienten einem hohen Verletzungsrisiko aussetzt und solange die Transfusion selbst nicht mit einem hohen Risiko behaftet ist. Angenommen, das Risiko, aufgrund einer schweren Anämie eine Herzattacke (Myokardinfarkt), einen Schlaganfall oder eine ähnliche Komplikation zu bekommen, beträgt 15%, während das Risiko, einen im Blut enthaltenen pathogenen Keim zu übertragen, 0.5% ist, dann würden viele Ärzte das Nutzen/ Risiko-Verhältnis als akzeptabel ansehen. Im wirklichen Leben sind solche spezifischen Zahlen jedoch leider im allgemeinen nicht verfügbar, und das ist der Grund, weshalb Ärzte sich in der Praxis auf ihr klinisches Urteilsvermögen oder veröffentlichte Richtlinien verlassen müssen. Zum Beispiel schlug Carson (American Journal of Surgery 1995;170(6A supp): 325) vor, dass bei Patienten mit Herz-Lungen-Krankheiten der Hämoglobinwert auf 10 g/ 100 ml und darüber gehalten werden sollte, während er bei sonst gesunden Patienten auf 7 g/ 100 ml oder darüber gehalten werden sollte (siehe auch die untenstehende vollständige Tabelle)
Ein Arzt beantwortet Fragen, die häufig von Zeugen Jehovas gestellt werdenFRAGE NR. 1 Welche Tests werden bei Blutspenden angewendet, um das Risiko einer Übertragung pathogener Keime, die im Blut enthalten sein könnten, zu minimieren? ANTWORT Die folgende Information von der Website des kanadischen Roten Kreuzes gibt eine Antwort: Blutspenden werden vielen komplexen Tests unterzogen ** Das kanadische Rote Kreuz testet gespendetes Blut, um zu erkennen, ob es Anzeichen enthält, die mit verschiedenen Krankheiten einhergehen. Dies wird als Teil unserer Bemühungen durchgeführt zu bestimmen, ob das gespendete Blut für eine Bluttransfusion verwendet werden kann. Einige der Routinetests, die gegenwärtig zum Beispiel bei allen Blutspenden durchgeführt werden, sind die folgenden: Hepatitis B und Hepatitis C; Human immunodeficiency viruses HIV-1 und HIV-2 (die Virusstämme, die AIDS verursachen); Human T-Cell lymphotropic viruses HTLV-1 (dieser Virus kann bei Erwachsenen eine seltene Form von Leukämie und chronische Krankheiten im Nervensystem hervorrufen); und Syphilis ** [Blutspenden in Deutschland werden ähnlich streng überwacht. Bluttests auf die wichtigsten pathogenen Keime sind gesetzlich vorgeschrieben; Anmerkung des Übersetzers] FRAGE 2 Tötet Blut nicht mehr Menschen als es rettet? Was ist mit AIDS und all den anderen Krankheiten, die durch Blut übertragen werden? ANTWORT Wir alle wissen, dass Bluttransfusionen nicht risikofrei sind. In der Tat sind auch Medikamente zur Behandlung von Krankheiten nicht ganz ohne Risiken und Nebenwirkungen. Sogar chirurgische Latexhandschuhe können bei manchen Individuen schwere allergische Reaktionen hervorrufen! (Einer meiner Patientinnen starb beinahe aus diesem Grund während einer gynäkologischen Routineoperation - zum Glück erkannten wir das Problem, und sie reagierte auf Adrenalin.) Die ganze Bewegung hin zu blutlosen Operationstechniken, die ich begeistert unterstütze (siehe auch meine Web-Site zu diesem Thema), zielt darauf ab, mögliche Komplikationen infolge von Bluttransfusionen zu reduzieren. Als Folge der AIDS- und Hepatitis-Hysterie in den 80er Jahren haben Ärzte ihre Einschätzung, wann eine Bluttransfusion angebracht ist, umfassend revidiert. Aufgrund dieser Tatsache und gekoppelt mit der Verfügbarkeit neuer Tests auf pathogene Keime, die durch Blut übertragen werden (siehe Frage Nr. 1), war das Nutzen/ Risiko - Verhältnis noch nie so günstig wie heute. Meiner Meinung nach ist das Verhältnis von geretteten zu verlorenen Menschenleben aufgrund von Bluttransfusionen wahrscheinlich mehrere Tausende zu eins. FRAGE 3 Gibt es nicht immer gute Alternativen zu Blut? ANTWORT In vielen Fällen ja. Ein Patient mit einem hohen Blutwert (Hämoglobinkonzentration) kann manchmal einen grossen Blutverlust ertragen, ohne Schaden zu nehmen, solange das verbleibende Blut mit einer geeigneten Salzlösung oder einer anderen isotonischen Salzlösung verdünnt wird, so dass die Menge des zirkulierenden Blutvolumens ungefähr gleich bleibt. Natürlich kann das verdünnte Blut Sauerstoff nicht so effektiv transportieren, wie es vorher der Fall war. Sobald die Hämoglobinkonzentration aber unter 6 g/ dl (schwere Anämie) fällt, steigt das Risiko einer Organschädigung oder einer tödlichen Komplikation durch Sauerstoffmangel über das Maß hinaus, ab dem die meisten Ärzte normalerweise Blut verabreichen würden. Z. B. starben in einer Studie über Patienten, die Zeugen Jehovas waren und eine Bluttransfusion benötigten, aber sie ablehnten, über 60% der Patienten, deren Hämoglobinwert unter 6 g/ 100 ml lag (die vollständigen Daten sind auf meiner Web-Site zu finden). Es gibt, nebenbei erwähnt, Bemühungen, echte Blutersatzstoffe herzustellen, die Sauerstoff transportieren können (Salzlösungen transportieren keine nennenswerten Mengen Sauerstoff). Diese Ersatzstoffe werden aus nicht verwendbarem menschlichen Blut hergestellt und sollten, wenn alles günstig verläuft, in 5-10 Jahren zur Verfügung stehen. FRAGE 4 Die Zeugen, die nach einer verweigerten Bluttransfusion gestorben sind, wären so oder so gestorben. Blut rettet keine Menschenleben, nicht wahr? ANTWORT In einigen Fällen schwerer Krankheiten oder Verletzungen (z. B. Krebs im Endstadium, Verbrennungen, zertrümmerter Kopf) kann eine Bluttransfusion auf optimale Werte die Überlebenschance nur geringfügig erhöhen In anderen Fällen dagegen, in denen kein zusätzliches Problem außer einer schweren Anämie besteht, (z. B. Blutungen bei einem frisch operierten Krebsgeschwür, Blutungen durch eine verletzte Arterie) kann eine Bluttransfusion wirklich lebensrettend sein. Der Nutzen eine Bluttransfusion hängt sehr stark von dem klinischen Kontext ab. FRAGE 5 Benutzen Ärzte Blut, um schlampige Operationstechniken zu vertuschen? ANTWORT Chirurgen haben genauso wie Rechtsanwälte, Automechaniker, Lehrer und Golfspieler unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Als Anästhesist habe ich gesehen, wie unterschiedlich Chirurgen in ihrer Geschicklichkeit sind, bei Operationen Blutverluste so gering wie möglich zu halten. Viele Krankenhäuser haben ein Auditsystem, das jeden Chirurgen informiert, falls ihre Patienten ständig überdurchschnittlich viel Blut benötigen. Leider sind manche Operationstechniken (z. B. radiale Prostataentfernung, kraniofaziale oder Wirbelsäulenoperationen) selbst in den besten Händen immer mit einem großen Blutverlust verbunden. In solchen Fällen kann natürlich manchmal eine Eigenblutspende (autologe Bluttransfusion) angewendet werden, um das Risiko einer Infektion zu reduzieren. Trotzdem werden Patienten von Chirurgen, die in bezug auf die Homöostase (das Verhindern von Blutungen bei Operationen) nachlässig arbeiten, zusammenfassend gesagt, im Durchschnitt mehr Bluttransfusionen benötigen als diejenigen, die von peinlich gewissenhaften Chirurgen behandelt werden. FRAGE 6 Verdienen Ärzte mehr, wenn sie Bluttransfusionen anordnen? ANTWORT Nein. Wenigstens nicht hier in Kanada. FRAGE 7 Ärzte haben Ersatzstoffe, die genauso gut wirken wie Blut, nicht wahr? ANTWORT Nein, zumindest nicht in Bezug auf den Transport von Sauerstoff zu den Organen. Diese Situation mag sich in 5-10 Jahren jedoch mit der Entwicklung synthetischen Blutes, das aus nicht verwendbarem menschlichen Blut hergestellt wird, ändern. FRAGE 8 Ich lese immer, dass Bluttransfusionen eine Menge Komplikationen mit sich bringen, insbesondere, wenn jemand Krebs hat. Zeigt das nicht, dass sie schlechte Behandlungsmethoden sind? ANTWORT Eine meiner Webseiten beschreibt die Komplikationen einer Bluttransfusion, aber durch diese Komplikationen werden Bluttransfusionen nicht automatisch schlechte Behandlungsmethoden, so wie auch Anästhetika oder Antibiotika zwar Komplikationen mit sich bringen können, aber deswegen noch keine schlechten Arzneimittel sind. FRAGE 9 Ärzte werden ohne ihr Wissen von Satan dazu gebraucht, um meinen Glauben zu prüfen. In der Vergangenheit glaubten sie, dass ein Aderlass der Weg wäre, einen Menschen zu heilen. Jetzt wollen sie Blut von einer anderen Person zu diesem Zweck missbrauchen. Warum sollte ich ihnen glauben? ANTWORT Ein guter Arzt nimmt sich Zeit zu erklären, warum seiner Meinung nach eine Bluttransfusion unumgänglich ist. Falls Du glaubst, Dein Arzt sei ein Agent Satans, so würde er Dir wahrscheinlich nicht böse sein, wenn Du einen anderen Arzt aufsuchen würdest. FRAGE 10 Was die Bibel über Blut sagt, ist wichtiger und genauer als das, was Ärzte über Blut glauben, nicht wahr? ANTWORT Wichtiger: vielleicht. Genauer: unwahrscheinlich FRAGE 11 Die von der Gesellschaft erlaubten Blutbestandteile sind nicht wirklich Blut, oder? ANTWORT Sie werden durch Fraktionieren von Blut hergestellt und sind deswegen per definitionem Blutprodukte. FRAGE 12 Wenn man die Blutfrage mit Zeugen bespricht, kommt oft die alte Leier: eine Bluttransfusion hilft sowieso nicht. Sie argumentieren, dass rote Blutkörperchen in den ersten 48 Stunden in einem Notfall gar kein Sauerstoff transportieren können, da es sich um Fremdblut handelt. ANTWORT Das ist völliger Unsinn. Die roten Blutkörperchen nehmen ihre Funktion als Sauerstoffträger sofort wieder auf. FRAGE 13 Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Einheit Blut verunreinigt ist? ANTWORT In einem Artikel aus dem Toronto Star (28. November 1997 S. A6) war die folgende Information zu lesen (Die Daten beziehen sich auf Kanada): Mit HIV, dem AIDS-Virus, ist heute eine Einheit Blut von 913.000 verunreinigt. Für Hepatitis C gilt eine Zahl von schätzungsweise 103.000 : 1 Mit Hepatitis B ist eine Einheit Blut von 60.000 verunreinigt. Der Artikel zitierte Dr. Grahan Sher des Krankenhauses von Toronto wie folgt: Dies sind geringfügige Risiken. Aber sie liegen leider nicht bei Null. Blut kann niemals 100% sicher sein, da es ein vom menschlichen Organismus abgeleitetes Produkt ist. Es ist aber um Größenordnungen sicherer als jemals zuvor. Und wir sind dabei, neuere und verfeinerte Labortests zu entwickeln, die diese Risiken noch mehr in den Hintergrund drängen werden. ** D. John Doyle MD PhD FRCPC Die Auswirkung der Blutreform auf die medizinische EthikAn: Canadian Medical Association Journal Reformierte Zeugen Jehovas, die Blut annehmen. An den Herausgeber: Es ist wohlbekannt, dass einer der Glaubensartikel der Zeugen Jehovas beinhaltet, Bluttransfusionen abzulehnen, selbst wenn damit ein Risiko einer Organschädigung oder das Risiko zu sterben verbunden ist. [1] Diese Tatsache hat bedeutend dazu beigetragen, die Entwicklung blutloser Operationstechniken [2,3] voranzutreiben. Es hat weiterhin zu erfolgreichen Musterprozessen gegen Ärzte geführt, die Zeugen Jehovas eine Bluttransfusion aufgezwungen haben, als die Alternative nur der fast sichere Tod gewesen war.[4] Der Zweck des Briefes besteht darin, die Leser des CMAJ
über eine neue Reformbewegung unter den Zeugen
zu informieren, die darauf abzielt, Bluttransfusionen zu
erlauben. Die Führer der Bewegung argumentieren, dass
eine Bluttransfusion in Wirklichkeit eine Organverpflanzung
ist, die allgemein von der Kirche erlaubt wird und deswegen
das Verbot des Alten Testamentes, kein Blut zu essen
nicht verletzt. Die Web-Site der Bewegung unter der Adresse Kliniker, die mit Zeugen-Patienten zu tun haben, die schwer anämisch sind oder auf eine Operation warten, haben demnach eine neuen ethischen Aspekt zu berücksichtigen. Sollten sie im Interesse einer vollständigen Information Zeugen-Patienten auf die Existenz der Reformbewegung, die befürwortet, Blut zu erlauben, aufmerksam machen oder sollten sie es verschweigen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sich in religiöse Dinge einzumischen.? Referenzen: [1] Victorino G, Wisner DH. Jehovah's Witnesses: unique problems in a unique trauma population. Journal of the American College of Surgeons. 184(5):458-68, 1997 [2] Rosengart TK, Helm RE, DeBois WJ, Garcia N, Krieger KH, Isom OW. Open heart operations without transfusion using a multimodality blood conservation strategy in 50 Jehovah's Witness patients: implications for a bloodless surgical technique. Journal of the American College of Surgeons. 184(6):618-29, 1997 [3] Mann MC, Votto J, Kambe J, McNamee MJ. Management of the severely anemic patient who refuses transfusion: lessons learned during the care of a Jehovah's Witness. Annals of Internal Medicine.117(12):1042-8, 1992 [4] Brahams D. Jehovah's Witness transfused without consent: a Canadian case. Lancet 2(8676):1407-8, 1989
Die Qual, in der Blutfrage eine moralisch richtige Entscheidungen treffen zu müssenD. John Doyle MD PhD
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letzte Aktualisierung: 29. 12. 1999
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