Stern- / Dreieck - Schützen

Es ist im herkömmlichen Verteilerbau üblich, den Sternschütz um eine Nummer kleiner zu wählen als den Hauptschütz und den Dreieckschütz. Das ist technisch ein Unfug. 

Schützen werden nicht nach der Dauerbelastung konstruiert, sondern nach ihrem Schaltvermögen. Mit dem Dauerbetrieb haben die Kontakte keine Probleme. Für hohe Einschaltlasten gibt es AC3 und für besonders hohe die AC4 - Konstruktionen.

Ein Drehstrommotor nimmt beim Hochlaufen die 10 - 20-fache Leistung (genau Stromstärke) vom Netz auf. Großen Motoren werden daher zum Hochlauf mit Unterspannung betrieben, wodurch die Aufnahme auf ca. den 5-fachen Nennstrom verkleinert wird. 
Die Unterspannungsversorgung geschieht durch die Schaltung der Wicklungen in Stern, wobei die 380V - Wicklungen mit 220V betrieben werden. (400/230).

Der Sternschütz darf auf keinen Fall schwächer dimensioniert sein, während hingegen der Dreieckschütz, der (normalerweise) nie mit der Einschaltstromspitze belastet wird, eine Nummer kleiner dimensioniert werden dürfte. Da aber für die Lebensdauer nicht nur der Einschalt - Stromstoß maßgeblich ist, sondern auch der Lichtbogen beim Ausschalten, darf auch der Dreieckschütz nicht kleiner dimensioniert werden.

Es sei denn, die Steuerung sorgt dafür, daß beim Ausschalten immer der Hauptschütz zuerst abfällt und die Lichtbogenarbeit auf sich nimmt. Aber das ist keine seriöse Überlegung, außerdem wäre damit der Direktanlauf noch kritischer.

Es ist für die Dimensionierung der Schützen unerheblich, daß der Motor in der Sternschaltung eine kleinere Leistung abzugeben imstande ist als die Nennleistung am Typenschild. Das würde nur die Dauerbelastbarkeit des Motors betreffen. In der Startphase, in der der Motor in Sternschaltung läuft, ist er aber weit weg von dieser fiktiven Nennleistung, er wird sogar erheblich überlastet.

Der Sternschütz liest ja nicht das Typenschild des Motors und rechnet die Leistung zurück, sondern er muß den tatsächlichen, riesigen Einschaltstromstoß über den Kipp-Punkt bis zur Nenndrehzahl bewältigen, genau so wie der Hauptschütz. Und beim Übergang von Stern- auf Dreieckschaltung muß er noch dazu den Lichtbogen mit der immer noch hohen Stromstärke aushalten.

Fragen Sie einmal einen Betriebselektriker, welche Schützen er am häufigsten wechseln muß: es sind die zu klein dimensionierten Sternschützen. Ein gutes Geschäft für die Lieferanten...

Die Nennleistungsangabe am Typenschild eines Elektromotors hat eine andere Bedeutung als bei einem Benzinmotor. Im Gegensatz zu einem Benzinmotor kann ein Elektromotor kurzzeitig eine wesentlich höhere Leistung an der Welle abgeben, als auf dem Typenschild als Nennleistung angegeben ist.

Während ein Benzinmotor bei Überlastung stehen bleibt, nimmt ein Elektromotor bei Überbelastung an der Welle einfach mehr Strom aus dem Netz auf. Das erwärmt zwar die Wicklung enorm, aber die kurze Zeit führt noch nicht zum Glühen der Drähte oder zum Durchbrennen des Isolierlacks. 

Die Schaltgeräte müssen für den hohen Spitzenstrom dimensioniert sein, der tatsächlich aus dem Netz entnommen wird, egal was auf dem Typenschild des Motors steht. Das Typenschild ist für den Motorschutz wichtig, für den Schützen hingegen nur ein Anhaltspunkt.

Ähnlich wie bei einem Transformator ist bei einem Motor nur die thermische Belastung durch die Verluste (besonders die Kupferverluste) die begrenzende Größe. Bei guter Kühlung kann ein Elektromotor ständig mit ein paar Prozent Überlast betrieben werden. Eigentlich sind es nur „die Ampere“, die Erwärmung der Wicklung, die die Motorleistung begrenzen. Deshalb gibt es für Elektromotoren, die häufig mit Lastspitzen betrieben werden, nur einen zuverlässigen Motorschutz: die Temperaturüberwachung in der Wicklung, zB. mit einem Kaltleiter.

Ein Elektromotor, der an der Welle mit der doppelten Nennleistung belastet wird, ist in Wirklichkeit vierfach überlastet. Die Verlustleistung in der Wicklung ist vier mal so hoch, weil nicht nur die Stromstärke doppelt so hoch ist, sondern auch der Spannungsabfall in der Kupferwicklung.

Daß die Schützen mit einer "Nennleistung" im Datenblatt charakterisiert werden, ist nur ein Entgegenkommen des Herstellers. Das dient nur zur Schnell - Wahl aus dem Katalog. Eine korrekte Angabe der schaltbaren Ampere würde den ganzen Salmon mit Tabellen über Spannung und Lastverhältnisse erübrigen, aber es hat sich halt mittlerweile so eingebürgert.

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Siemens Schütz, SIRIUS-Reihe

Verbeißen Sie sich die dumme Bemerkung, daß der Motor in "Sternschaltung eine kleinere Leistung" hat. Das ist eine unfachmännische Latrinenparole, sonst nix.

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 Franz Glaser 

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